Wolfenbüttel. In Wolfenbüttel wurde am Freitag der Eckensberger-Preis an Nachwuchsjournalisten verliehen. Drei Volontäre unserer Zeitung sind unter den Preisträgern.

Vor wenigen Wochen erst schickte die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ einen Notruf in die Welt: Die Lage der Pressefreiheit in Europa habe sich verschlechtert – vor allem in Ländern, in denen sich Journalisten bisher im weltweiten Vergleich eher sicher fühlen konnten. Die Organisation spricht von einer systematischen Hetze gegen Journalisten und einem Klima der Angst. Auch in Deutschland sei die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalisten gestiegen.

Meldungen wie diese machen deutlich, wie wichtig es ist, sich dieser Entwicklung entgegen zu stellen. Am Freitag konnten sich rund 70 Gäste bei der Verleihung des Eckensberger-Preises in Wolfenbüttel davon überzeugen, dass sich der Einsatz für Qualität und kritische Berichterstattung lohnt. In der Herzog-August-Bibliothek wurden vier Nachwuchsjournalisten aus der Funke-Mediengruppe ausgezeichnet, die das auf verschiedene Weise getan haben.

Die Redner

Dr. Wilhelm Koller, Vorstandsvorsitzender der Hans-und-Helga-Eckensberger-Stiftung, machte in seinem Grußwort deutlich, wie rasant sich die Gesellschaft wandelt. Eine Faustregel besage, dass sich das Wissen der Welt alle fünf Jahre verdoppelt, sagte Koller. Mit diesen fabelhaften Möglichkeiten müsste unsere Welt in einer glänzenden Verfassung sein. Aber sie sei es nicht. „Denn gleichzeitig mit dem Wissen wuchsen auch Fake News, systematische Desinformation, Glaubwürdigkeitskrisen und diabolische Werkzeuge, Menschen zu manipulieren.“ Deshalb sei Qualitätsjournalismus wichtiger denn je.

Eckensberger Preis 2019

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    Auch Professor Peter Burschel, Direktor der Herzog-August-Bibliothek, würdigte die Bedeutung eines kritischen Journalismus. In seiner Festrede „Ein neuer Criticus – Lessing als Journalist“ schlug er einen Bogen von Lessings Wirken bis zur heutigen Zeit. Denn dass der ehemalige Dramatiker und Bibliothekar in Wolfenbüttel, Gotthold Ephraim Lessing, auch ein herausragender Journalist war – mutig, kritisch und urteilsstark – ist weniger bekannt. „Lessing hat durch seine regelmäßigen Beiträge in Berliner Zeitungen entscheidend zum freimütigen Geist der aufklärerischen Bewegung beigetragen“, so Burschel. Eine Bewegung, die die Weichen für das moderne Zeitalter stellte. Kritik sei in Deutschland immer wieder beschimpft, bekämpft und auch vom Staat unterdrückt worden. Doch am Ende machte Burschel deutlich, welches Erbe Lessing hinterließ: Was dieser erreicht habe, konnte niemand mehr rückgängig machen.

    Verleihung des Eckensberger-Preises

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    Die Preisträger

    Für ihren Beitrag „Wenn der Traum vom Eigenheim zum Albtraum wird“ erhielt Joana Ekrutt, Volontärin des Hamburger Abendblatts, den ersten Preis. Die 31-Jährige beschreibt das Schicksal einer Hamburger Familie, die bei einem verheerenden Hochwasser im Jahr 2018 ihr frisch bezogenes Eigenheim verloren hat. Innerhalb von Minuten überfluteten Wassermassen das Grundstück, drangen in das Haus ein – und machten es unbewohnbar.

    Armin Maus, Chefredakteur unserer Zeitung, begründete in seiner Laudatio, warum Ekrutts Beitrag die Jury in besonderer Weise überzeugte: „Die Autorin bringt dem Leser den Schmerz der Protagonisten ganz nahe: Sie nimmt ihn einfühlsam mit in das zerstörte Haus, sie macht die Beklommenheit und die Ausweglosigkeit der Familie Rieckmann erfahrbar – es schnürt dem Leser an vielen Stellen die Kehle zu.“

    Der Gewinnertext sei ein Beispiel für die Stärken des lokalen Journalismus; er verdeutliche, was Journalismus im Lokalen und im Regionalen leisten kann: Er könne unfassbare Katastrophen an Einzelschicksalen erzählen und so begreifbar machen.

    Auf den zweiten Platz wählte die Jury den Text „Ein Besuch im Supermarkt der Zukunft“ von Friederike Noske, die ihre Erlebnisse im Amazon-Supermarkt in Seattle schildert. Wie ist es, ohne Kassen einzukaufen? Die 25-Jährige verfasste den Bericht während ihrer Zeit als Volontärin bei unserer Zeitung.

    Dr. Wolfgang Müller vom Vorstand der Eckensberger-Stiftung würdigte den Beitrag, weil er eine wichtige gesellschaftliche Entwicklung aufzeige. „Es wird nicht lange dauern, dann werden wir uns mit diesem Geschehen tagtäglich auseinander setzen müssen“, ist er überzeugt. Gleichzeitig hebt er die Herangehensweise der Autorin hervor: „Sie lässt das Geschehen nicht nur durch sich selbst wirken, sondern sie lässt es auch durch direkt Betroffene beurteilen, beleuchtet es aus juristischer Sicht und fragt nach den menschlichen Konsequenzen.“

    Andreas Eberhard, ehemals Volontär und nun Wissenschaftsredakteur bei unserer Zeitung, erhielt für seinen Text „Wo Flüchtlinge mitreden – ganz offiziell“ den dritten Preis. Für seinen Beitrag hat er im vorigen Jahr eine Sitzung des Flüchtlingsrats der Samtgemeinde Elm-Asse im Landkreis Wolfenbüttel besucht und sich unter anderem folgende Fragen gestellt: Wie steht es um die Integration von Flüchtlingen? Und welche Rolle können, wenn es gut läuft, die Geflüchteten selbst dabei spielen?

    Der Autor sei diesen Fragen nicht abstrakt nachgegangen. Er habe ein konkretes Beispiel gewählt, schildert der stellvertretende Chefredakteur unserer Zeitung, Harald Likus, in seiner Laudatio. Er beschreibe „die bemerkenswerte Arbeit der letzten Endes ja zufällig zueinander geratenen Menschen im Flüchtlingsrat Elm-Asse, im kleinen Saal eines kleinen Rathauses“.

    Zum ersten Mal wurde von der Jury auch ein Multimedia-Beitrag ausgezeichnet: Den neu eingerichteten Preis erhielt Julia Popp, Volontärin bei unserer Zeitung, für einen Selbsttest: In ihrem Beitrag „Call a Bike – gut gemeint, schlecht gemacht“ nahm sie einen Service für Leihfahrräder unter die Lupe und verarbeitete ihre Eindrücke nicht nur als Print-Artikel, sondern schaffte es, mit Bilderstrecken und Videos multimedial alle Vorzüge des digitalen Journalismus einzusetzen.

    Die Gewinnertexte

    1. Platz: „Wenn der Traum vom Eigenheim zum Albtraum wird“ von Joana Ekrutt, Hamburger Abendblatt
    2. Platz: „Ein Besuch im Supermarkt der Zukunft“ von Friederike Noske, Braunschweiger Zeitung
    3. Platz: „Wo Flüchtlinge mitreden – ganz offiziell“ von Andreas Eberhard, Braunschweiger Zeitung

    Multimedia-Preis: "Call-a-Bike – gut gemeint, schlecht gemacht" von Julia Popp, Braunschweiger Zeitung

    Der Stiftungspreis

    • Die Hans-und-Helga-Eckensberger-Stiftung ist der Erinnerung an den Zeitungsverleger und Chefredakteur Hans Eckensberger gewidmet. Sie wurde durch testamentarische Verfügung von Helga Eckensberger (1917 bis 1973) ermöglicht. Sie fördert Projekte in den Bereichen Kultur, Bildung, Ausbildung und Soziales.
    • Der Eckensbergerpreis würdigt Beiträge von Volontären, Redakteuren sowie freien Mitarbeitern in den ersten beiden Berufsjahren nach Abschluss der Ausbildung bei den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
    • Jurymitglieder sind Armin Maus, Chefredakteur unserer Zeitung, Harald Likus, stellvertretender Chefredakteur, Katrin Schiebold, Chefreporterin. Die Stiftung wird vertreten von den Vorstandsvorsitzenden Dr. Wilhelm Koller, dem Stellvertreter Dr. Wolfgang Müller und dem Vorstandsmitglied Claudia Strukmeier.
    • Für den 1. Preis gibt es 1000 Euro, für den 2. Preis 500 und für den 3. Preis 300 Euro. Der Sonderpreis ist mit 1000 Euro dotiert.