Braunschweig. Für nur einen Euro pro Tag können Schüler durch ganz Hessen fahren. Die SPD will das Konzept für unsere Region übernehmen.

Klingt ja schön, aber wer finanziert das?

Das fragt Ulrich-Alexander Schmidt auf unseren Facebookseiten.

Die Antwort recherchierte Andre Dolle.

Das hessische Schülerticket hat sich binnen eines Jahres zu einem absoluten Verkaufsschlager entwickelt. Nach dem Start am 1. August 2017 zog das dortige Verkehrsministerium vor zwei Monaten Bilanz: Das landesweit gültige Ticket, das 365 Euro im Jahr kostet, ist im Schuljahr 2017/2018 von 407 000 Schülern und Auszubildenden gekauft worden. Ein Plus von 60 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 2015/2016. Damals galten Schülerjahreskarten in der Regel nur für eine Stadt oder einen Landkreis.

Warum das Rad neu erfinden? Das dachte sich offenbar die SPD in unserer Region. Ihr Modell des Schülertickets ist klar an das in Hessen angelehnt. Auch hier sollen die Tickets für Schüler und Auszubildende gelten. 100 000 Kinder und Jugendliche kommen grundsätzlich infrage. Auch bei uns sollen die Tickets einen Euro pro Tag kosten und über die Landkreisgrenzen hinweg gelten. Geht es nach der SPD, zahlen Schüler von Peine nach Helmstedt oder von Gifhorn nach Goslar also künftig nur noch einen Euro.

Der Regionalverband Großraum Braunschweig ist zwischen Harz und Heide für den Nahverkehr zuständig. Die SPD-Fraktion in der Verbandsversammlung hatte die Idee. Fraktions-Chef Marcus Bosse sagte: „Mobilität und ein kostengünstiger Schülertransport sind ein ursozialdemokratisches Thema.“ Das Schülerticket würde auch das duale System stärken. „Es gibt Ausbildungsberufe wie den des Bäckers oder der Friseurin, in denen nicht viel verdient wird.“

Die Idee kommt bei den Schülern naturgemäß super an. André Brinkmann, Vorsitzender des Landesschülerrats Niedersachsen, sagte: „Ich finde das sehr, sehr gut.“ Die Schülerbeförderung sei ein leidiges Thema. Bisher ist in Niedersachsen nur der Weg zwischen Schule und Wohnort bis zur zehnten Klasse kostenlos. Zwar will die Landesregierung das auch für Schüler der gymnasialen Oberstufe und für Berufsschüler geltend machen. Es soll auch ein „Niedersachsen-Schülerticket“ geben. Wann und in welcher Form es kommt, ist allerdings noch völlig unklar. Zuständig sind in Niedersachsen das Verkehrsministerium und das Kultusministerium. Beide erklärten unserer Zeitung: „Konkrete Schritte hierzu sind noch nicht eingeleitet worden.“

Der Wolfsburger Brinkmann vom Landesschülerrat vertritt deshalb die Position der SPD: „Man sollte jetzt nicht auf das Land warten.“

Das sieht die CDU anders. Reinhard Manlik, Fraktions-Chef der CDU in der Verbandsversammlung des Regionalverbands, gibt zu bedenken, dass der Verband am Ende auf Kosten sitzen bleiben könnte, wenn das Land doch tätig wird. Dann könnte es heißen: „Ihr macht das wie bisher.“

So sieht es auch Hennig Brandes, der Chef der Verwaltung des Regionalverbands. Er sagte: „Wir können das Geld nur einmal ausgeben.“ Zwar wächst der Betrag, den der Regionalverband für Bus und Bahn zur Verfügung hat, in den kommenden Jahren von derzeit 83 Millionen Euro auf etwa 100 Millionen Euro im Jahr 2021 an. Direktor Brandes gibt aber zu Bedenken: „Das Geld ist für die kommenden Jahre bereits fest verplant.“ Etwa 70 Millionen Euro kosten die Regionalbahnen, also der Enno, die Westfalenbahn oder die Erixx-Züge. Vier Millionen Euro kosten die Regiobusse. Weitere zehn Millionen Euro investiert der Verband dieses Jahr, um Bahnstationen zu modernisieren.

Die SPD hofft deshalb auf Unterstützung der Landkreise Gifhorn, Peine, Helmstedt, Wolfenbüttel und Goslar sowie von den Städten Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter. Sie sollen Kosten übernehmen. Machen sie das nicht, soll der Regionalverband die Kosten tragen, so die SPD. Es geht um bis zu zehn Millionen Euro.

Am Veto der Landkreise ist in den vergangenen Wochen schon das Sozialticket gescheitert. Hier kam die Initiative von den Linken. Die etwa 85 000 Menschen, die in unserer Region von Hartz IV leben, hätten vergünstigte Tickets für Bus und Bahn in der ganzen Region erhalten sollen. Daraus wird wohl nichts. Landesbischof Christoph Meyns hatte nach einem Artikel in unserer Zeitung sein Bedauern geäußert. Er sagte: „Wir müssen aufpassen, dass die sozial Schwachen nicht immer weiter an den Rand unserer Gesellschaft gedrückt werden.“ Der Bischof wünscht sich, dass die Diskussion über das Sozialticket noch nicht abgeschlossen ist.

Die Politik nimmt nun aber offensichtlich das Schülerticket in den Fokus. Unterstützung erhält die SPD übrigens von der FDP und auch von den Grünen. Die Chancen für ein Schülerticket stehen somit nicht schlecht.