Braunschweig. Zum Jahresende sagen Experten unserer Region die Zukunft voraus. So beurteilen sie ihre Prophezeiungen für das scheidende Jahr.

Auf welche Voraussage sind Sie stolz?

Hildegard Schooß: Zum Thema Wohnraum für alle hatte ich damals gesagt, das sei etwas, was der Markt nicht allein regeln kann. Da müsse die Politik aktiv eingreifen. Da bin ich zufrieden, dass ich das angesprochen hatte – denn da ist immer noch nichts passiert. Und der Markt hat es auch nicht geregelt, die Situation ist in vielen Städten immer noch schwierig.

Wolf-Rüdiger Umbach: Bei den Eintracht-Fußballern lag ich richtig. Da lautete die Frage, ob die den Aufstiegssekt schon kaltstellen können. Und ich hatte gesagt, dass sich Stuttgart und Hannover am Ende durchsetzen werden und die Braunschweiger gute Chancen auf Platz drei haben, also eher in den Relegationsspielen landen. Gegen den HSV hatte ich gemutmaßt, aber dann wurden es die Wolfsburger ...

Susanne Pfleger: Ich freue mich über den anhaltend großen Erfolg des Herzog-Anton-Ulrich-Museums. Der „Louvre des Nordens“, wie das Museum in einigen Medien genannt wird, ist nicht in einen Dornröschenschlaf verfallen, sondern agiert quicklebendig.

Welche Voraussage ist Ihnen nicht so gelungen?

Hildegard Schooß: Beim Thema Flüchtlinge hätte ich vielleicht noch pointierter formulieren können. Dass eine Obergrenze für Flüchtlinge wirklich so ein ernsthaftes Thema im Wahlkampf wird, das hatte ich nicht kommen sehen.

Wolf-Rüdiger Umbach: Vom VfL hatte ich deutlich mehr erwartet, und das musste man ja auch. Der Kader war gut, aber die Ergebnisse stimmten nicht. Das setzt sich in dieser Saison fort. Die vielen Unentschieden sind angesichts der Dreipunkteregel nichts wert. Wer zehnmal Remis spielt, kommt auf zehn Punkte. Wer fünfmal verliert, aber auch fünfmal gewinnt, hat schon fünfzehn.

Susanne Pfleger:
Für den Rundgang zum Abschluss des Sommersemesters 2017 an der HBK hatte ich besondere Überraschungen vorhergesagt. Dass die Studierenden sich entschlossen, zum Rundgang keine Präsentation zu machen, war zwar eine Überraschung, aber nicht unbedingt die von mir gemeinte. Aufmerksamkeitspotenzial war aber gegeben.

Welche Entwicklung hat Sie 2017 überrascht?

Hildegard Schooß:
Die Unfähigkeit der Parteien, nach der Wahl eine funktionierende Koalition zu bilden, hat mich wirklich überrascht. Da hätte ich mehr Kompetenz, aber auch Bereitschaft von allen beteiligten Politikern erwartet, sich zusammenzuraufen, um dem Auftrag der Wähler gerecht zu werden.

Wolf-Rüdiger Umbach: Das Auftreten unserer Fußball-Nationalmannschaft. Mit welcher Souveränität die durch die WM-Qualifikation marschiert ist und mit welchem Nachwuchsteam sie plötzlich den Confed Cup gewinnt, was vorher nie gelungen war, das war schon überraschend. Und es verspricht einiges für 2018.

Susanne Pfleger: Die Lockerung beziehungsweise Aufhebung des Fahrverbots für Frauen in Saudi-Arabien. Ab 2018 dürfen Frauen in Saudi-Arabien den Führerschein machen. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch in dem letzten Land der Welt Frauen selbst das Steuer lenken dürfen, aber die Entscheidung des saudischen Königs kam jetzt doch recht überraschend. Schon seit langer Zeit fordern Aktivisten dieses Recht ein, und viele tapfere Frauen posten in den sozialen Medien den Bruch des bisher strikten Verbots.

Mit welchem Ereignis wird 2017 immer verknüpft sein?

Hildegard Schooß: Für mich ist das die zunehmende Gewalt im Umgang mit bestimmten Gruppen in der Gesellschaft – Ausländern oder einfach nur Schwächeren. Damit meine ich auch rein verbale Gewalt, wie sie in sozialen Medien stattfindet. Der Umgang miteinander ist dort ja regelrecht brutal.

Wolf-Rüdiger Umbach:
Das waren im Sport natürlich die fünf WM-Titel von Biathletin Laura Dahlmeier. Das war so exorbitant, das kann man gar nicht beschreiben. Wie so ein junges Mädchen immer so souverän vorneweg rennt – fantastisch!

Susanne Pfleger: 2017 war ein Superkunstjahr. Die Großausstellungen Biennale in Venedig, die Documenta in Kassel, und Skulptur Projekte in Münster fielen in einem Jahr zusammen. Im Dunstkreis der Megapräsentationen kamen viele weitere interessante Ausstellungs- und Kooperationsprojekte dazu, wie beispielsweise „Made in Germany“ in Hannover.