Braunschweig. “> Ein Experte des Bundesamts für Bevölkerungsschutz verteidigt die Schutzmaßnahmen vor dem Orkan.

Die Große Elbstraße am Fischmarkt in Hamburg steht bei einer Sturmflut unter Wasser. Der Orkan „Xaver“ stürmt seit gestern über Norddeutschland.
Die Große Elbstraße am Fischmarkt in Hamburg steht bei einer Sturmflut unter Wasser. Der Orkan „Xaver“ stürmt seit gestern über Norddeutschland. © Bodo Marks/dpa

Panikmache oder berechtigte Warnung? Die ausführlichen Medienberichte über das herannahende Orkantief „Xaver“ stoßen auf ein geteiltes Echo. Viele haben gestern die Meldungen über mögliche Gefahren als übertrieben kritisiert. Doch auch wenn das ganze Ausmaß des tobenden Orkans noch nicht abzusehen ist – Dr. Wolfram Geier vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hält Warnungen in diesem Fall trotzdem für angebracht.

„Es ist richtig, dass es schwere Stürme und Orkane schon immer gegeben hat“, sagt der Leiter der Abteilung Notfallvorsorge und Kritische Infrastrukturen. „Allerdings haben diese schweren Stürme, die an den Küsten zum Teil auch mit schweren Sturmfluten einhergingen, in der Vergangenheit häufig viele Menschenleben gefordert und hohe Sachschäden verursacht.“ Viele Todesopfer seien wegen unzureichender oder zu später Warnungen der Öffentlichkeit zu beklagen gewesen – aber auch, weil die Bevölkerung zu spät geschützt wurde. „Das hat sich heute glücklicherweise geändert.“ Es gebe deutlich bessere Wetterprognosen und eine bessere Schutzvorkehr beispielsweise an den Küsten gegenüber Sturmfluten. Damit jedoch alles ineinander greife, Behörden sich auf ein schweres Ereignis vorbereiten und Maßnahmen ergreifen können, müssen sie frühzeitig informiert und über mögliche Sachschäden aufgeklärt werden. Auch die Bevölkerung muss sich darauf einstellen, um sich entsprechend schützen zu können.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hatte angesichts des heranziehenden Orkans Hinweise gegeben, wie man sich vor, während und nach Stürmen verhalten soll. Wolfram Geier verweist auf die konkreten Vorhersagen, die der Deutsche Wetterdienst für Unwetter herausgibt. Ausschlaggebend sind Informationen unter anderem über Windstärken und Niederschlagsmengen.

„In der Vergangenheit wurde den Behörden vorgeworfen, zu spät gewarnt und damit indirekt den Tod von Menschen mitverantwortet zu haben“, sagt Geier und nennt einige Beispiele: das Orkantief „Lothar“, das am 26. Dezember 1999 über West- und Mitteleuropa hinwegfegte und 110 Todesopfer forderte oder „Kyrill“ im Januar 2007 mit 47 Toten in Europa.

Auch Frank Hermanns, Sprecher der Braunschweiger Feuerwehr, verteidigt die Sicherheitsmaßnahmen, die im Vorfeld von „Xaver“ getroffen wurden. „Die Wetterdienste haben vorausgesagt, dass es ein schwerer Sturm wird. Wie er sich lokal auswirkt, kann man vorher nie genau wissen.“ Er sei der Überzeugung, dass man lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig Vorsicht walten lassen sollte. „Stellen Sie sich vor, es passiert etwas und keiner hat vorher gewarnt.“

Tatsächlich ist noch nicht genau abzusehen, ob „Xaver“ große Schäden in unserer Region verursachen wird. In der Nähe von Hannover wurde ein Mann gestern schwer verletzt, als ein Auto durch eine Windböe in den Gegenverkehr gedrückt wurde. Auf einer Straße bei Barsinghausen wurde ein Kleinbus mit behinderten Schülern von einer starken Windböe erfasst. Dabei wurde ein 68-Jähriger schwer verletzt, sechs weitere Menschen leicht.

Die Behörden in Niedersachsen hatten vorsorglich in vielen Kreisen den Schulunterricht abgesagt. Zahlreiche Städte verboten zudem, die Weihnachtsmärkte zu öffnen. In Bremen, den Kreisen Oldenburg, Lüchow-Dannenberg, Hildesheim und auf Borkum sollen auch am Freitag alle öffentlichen Schulen geschlossen bleiben.

Eine Gefahr für Deiche an der Nordseeküste besteht bisher nicht, obwohl zusätzlich zum Orkan in der Nacht zum Freitag eine schwere Sturmflut erwartet wird, die 2,5 Meter höher ausfallen soll als normalerweise. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sagte nach einem Besuch beim Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven: „Die Experten sind gut vorbereitet und bislang nicht beunruhigt.“