Braunschweig. Der Einsatz ist beendet. Feuerwehr: In den letzten 30 Jahren haben wir noch kein solches Unwetter erlebt. Magni-Tiefgarage geschlossen, Brodweg gesperrt.

Nach dem Unwetter am Donnerstag hat die Feuerwehr die gesamte Nacht hindurch Kellerräume und Garagen vom Wasser befreit. Auch am Freitag war die Braunschweiger Feuerwehr – unterstützt von Feuerwehreinheiten aus den Kreisen Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel sowie dem Technischen Hilfswerk Braunschweig und Peine – noch mit 400 Einsatzkräften im Unwettereinsatz. Insgesamt waren 1000 Kräfte unterwegs, davon 300 aus den benachbarten Kreisen. Versorgungseinheiten des Malteser-Hilfsdienstes Braunschweig und der Feuerwehr Helmstedt haben am frühen Freitagmorgen die Mittagsverpflegung für die Einsatzkräfte vorbereitet. Auch aus Wolfsburg war Verstärkung gekommen.

Das heftige Unwetter am Donnerstagabend hatte Braunschweig voll erwischt. Drei Gewitterzellen sind über die Stadt gezogen – mit heftigem Starkregen, stellenweise auch Hagel. Der DWD hatte die höchste Warnstufe angezeigt: extremes Unwetter. Kurz vor 19 Uhr war es losgegangen. Innerhalb kürzester Zeit waren Straßen, Keller und Tiefgaragen überflutet. Wie schon beim Starkregen im August 2022 ging es rasend schnell. Dieses Mal kam aber noch mehr Wasser herunter.

Braunschweig Nachtlauf abgesagt, Magni-Tiefgarage und Brodweg gesperrt

Die wichtigsten Infos auf einen Blick: Der Braunschweiger Nachtlauf am Freitagabend musste wegen der Unwetterfolgen abgesagt werden. Auch das Sommerfest in der Weststadt muss leider ausfallen, weil die Wiese unter Wasser steht. Die Magni-Tiefgarage war am Freitag wegen Schäden an der elektrischen Anlage auf vorerst unbestimmte gesperrt. Der Brodweg zwischen Helmstedter Straße und Am Lünischteich ist in beiden Richtungen gesperrt.

Der Brodweg ist am Freitagvormittag gesperrt. Unter der neuen Eisenbahnbrücke steht das Wasser meterhoch, ein PKW ist steckengeblieben.
Der Brodweg ist am Freitagvormittag gesperrt. Unter der neuen Eisenbahnbrücke steht das Wasser meterhoch, ein PKW ist steckengeblieben. © Braunschweig | Stefan Lohmann

Auf der A39 im Kreuz Braunschweig-Süd war am Freitag ein Fahrstreifen gesperrt – er war zu stark überschwemmt. Laut der Autobahnpolizei befand sich die Sperrung an der Baustelle Kreuz-Süd, Schnittstelle A36 und A39. Die Tunnelausfahrt des Heidbergtunnels in Richtung Salzdahlumer Straße war nicht befahrbar.

Viele Geschäfte sind vom Unwetter betroffen. Karstadt beispielsweise konnte erst am Freitagmittag wieder öffnen.

Die Stadt Braunschweig sperrt aus Sicherheitsgründen über das Wochenende sämtliche Sporthallen. Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Hintergrund: Der Starkregen hat die Decke der alten Sporthalle der Sally-Perel-Schule durchfeuchtet, worauf sich einige Platten der Verkleidung lösten. Nun wird der Zustand der Dächer der übrigen Sporthallen geprüft, um festzustellen, ob auch sie durch das Unwetter beschädigt wurden. Es ist vorgesehen, die Hallen ab Montagmittag wieder den Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung zu stellen. Auch die Spielfelder sind gesperrt, weil sie unter Wasser stehen.

Was ist mit verlorenen KfZ-Kennzeichen?

Bürgerinnen und Bürger sowie Einsatzkräfte haben im Stadtgebiet zahlreiche KfZ-Kennzeichen aufgefunden, die von den Wassermassen weggeschwemmt worden sind. Diese wurden in den entsprechenden örtlichen Polizeidienststellen gesichert, informiert die Polizei am Vormittag. Wer also ein Kennzeichen vermisst oder findet, möge sich bitte bei der Polizei melden.

Unwetter-Liveticker: 2000 Notrufe in 2 Stunden

4500 Notrufe bis in die Morgenstunden und lange Wartezeiten

In der Regionalleitstelle für Braunschweig, Peine und Wolfenbüttel sind bis in die frühen Morgenstunden rund 4500 Notrufe eingangen. Aufgrund der Vielzahl kam es in der Nacht zu langen Wartezeiten für die Anrufer.

Um 20.30 Uhr gab es 340 Unwettereinsätze in der Stadt, gegen 23 Uhr waren es schon 550 – Tendenz weiter steigend. Beide Wachen der Berufsfeuerwehr waren im Einsatz, alle 30 Ortsfeuerwehren, Sonderfahrzeuge sowie das Technische Hilfswerk, Ortsverband Braunschweig. Ein massives Kräfteaufgebot. Zwei örtliche Einsatzleitungen wurden eingerichtet, um die Leitstelle zu entlasten und die Einsatzkräfte von dort zu führen. Auch dienstfreies Personal war angefordert worden, insbesondere für die Leitstelle, wo alle Plätze besetzt waren.

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Am Freitagabend meldete die Feuerwehr, dass der Einsatz in Kürze beendet werde. Innerhalb von etwas mehr als 24 Stunden sind 1160 Einsatzstellen angefahren worden. Zum Vergleich: Bei normalen Starkregenereignissen hat die Feuerwehr insgesamt zwischen 200 und 400 Einsatzstellen.

Einsatzschwerpunkte: Ein Altenheim und die Magni-Tiefgarage

Wie Einsatzleiter Sebastian Damm (stellvertretender Feuerwehr-Chef) erläuterte, konnten die Pumparbeiten in den Kellern recht schnell beginnen, weil die Stadtentwässerung die Kanalisation schnell wieder freipumpen konnte. Dadurch ist das Wasser, das auch auf den Hauptverkehrsstraßen stand, nicht mehr in die Häuser nachgelaufen.

Einsatzschwerpunkte waren laut der Feuerwehr unter anderem ein Altenheim sowie die Tiefgarage Magni. „Die Einsatzstellen dauern teilweise sehr lange“, hatte Feuerwehr-Chef Torge Malchau am Donnerstag kurz vor Mitternacht gesagt. „In Kellern und Tiefgaragen sind teils große Wassermassen, die wir rauspumpen müssen.“ Er rechnet mit einem „gigantischen Sachschaden“, der sich in den nächsten Tagen zeigen werde: Schäden an Gebäuden, Inventar und Technik.

Das Positive: „Bislang gibt es keine Erkenntnisse über Verletzte.“ Auch gab es offensichtlich keine größeren Ausfälle bei kritischer Infrastruktur. „Die für die Stromversorgung wichtige Umspannstation in der Wilhelmstraße droht überflutet zu werden“, so Malchau noch in der Nacht. „Wir tun alles, um sie mit Pumpen zu schützen.“ Auch der Keller des Marienstifts war vollgelaufen, das Krankenhaus blieb aber einsatzbereit.

Feuerwehr: So einen Starkregen hatten wir in den letzten 30 Jahren nicht

Bei einer Pressekonferenz am Freitagvormittag machte Feuerwehr-Chef Torge Malchau deutlich: „Die Dimension, die es jetzt gab, dass wirklich drei große Gewitterzellen nacheinander über Braunschweig ezogen sind und einen Großteil ihres Wassers hier entladen haben, ist einmalig in der jüngeren Geschichte. Wir haben viele erfahrene Einsatzkräfte, die 30 Jahre und länger aktiv sind und gesagt haben, in ihrer Karriere habe es so ein Ereignis noch nicht gegeben.“ Die Einsätze werden ihm zufolge noch mehrere Stunden dauern, weil in vielen großen Objekten Kellerräumen vollgelaufen seien.

Oberbürgermeister: Großer Dank an alle Einsatzkräfte

Oberbürgermeister Thorsten Kornblum dankte bei der Pressekonferenz allen Einsatzkräften: „Die Kolleginnen und Kollegen der Berufsfeuerwehr, die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, alle Helferinnen und Helfer aus den Katastrophenschutzverbänden und das THW arbeiten wirklich bis zur Erschöpfung. Wir sind ihnen allen sehr dankbar, dass sie in dieser Situation unserer Stadt zur Seite stehen. Und die Solidarität in der Region ist wirklich beeindruckend!“

Malchau erläuterte: „Die ehrenamtlichen Einsatzkräfte haben werktags gearbeitet, sind dann in ihrem Feierabend in den Einsatz gegangen und haben teilweise bis in die Morgenstunden gearbeitet. Die erste Tranche haben wir heute Nacht um zwei Uhr ausgetauscht, und heute Morgen weiter. Die sind am Ende, so dass wir uns entscheiden mussten, auch Unterstützung aus den Nachbarlandkreisen anzufordern. Die sind teilweise mit einer großen Selbstständigkeit gekommen: Die Goslaraner zum Beispiel haben komplett Verpflegung für 12 Stunden mitgebracht.“

Straßen überflutet, ÖPNV stark beeinträchtigt

Der ÖPNV war am Donnerstagabend stark beeinträchtigt, konnte am Freitag aber wieder durchstarten. Einige Fahrzeuge waren über Nacht in der Werkstatt auf Vordermann gebracht worden. Viele Straßen standen komplett unter Wasser, zum Beispiel der Bohlweg, die Salzdahlumer Straße im Bereich der Unterführung, ebenso die Wolfenbütteler Straße. In tiefergelegen Straßenbereichen wurden Fahrzeuge hochgeschwemmt, wodurch sie zum Teil manövrierunfähig wurden und später abgeschleppt werden mussten. Im Bereich des Autobahnkreuzes Braunschweig-Süd mussten schon am Donnerstagabend größere Streckenabschnitte sowie der Heidbergtunnel gesperrt werden. Im Stadtbereich kam es zu Sperrungen des Bohlwegs und der Straßen rund um den Bebelhof und am Hauptbahnhof.

Im Großen Haus des Staatstheaters musste eine Vorstellung direkt vor Beginn abgebrochen werden, weil Wasser ins Foyer und Louis-Spohr-Saal eingedrungen war. Die Befürchtung war, dass das Wasser auch in den tiefer gelegenen Traforaum hätte eindringen können.

In der Innenstadt war unter anderem der Keller des Movie vollgelaufen, auch der Rewe-Markt im Konrad-Koch-Quartier musste evakuiert werden. Im Asia-Supermarkt im Kellergeschoss stand ebenfalls das Wasser. Betroffen waren auch die Restaurants am Bohlweg und viele mehr.

Vermutlich sind erhebliche Schäden im gesamten Altstadtrathaus zu beklagen: Das Wasser kam von oben, Teile des Daches und des Lichthofes vor der Dornse sind undicht. Es lief von oben bis unten durch. Die Ausstellung zur Stadtgeschichte wurde in Mitleidenschaft gezogen. Es tropfte unaufhörlich direkt am Modell der alten Fachwerkstadt.

65 Liter Regen je Quadratmeter innerhalb von 40 Minuten

In Timmerlah stand nach dem Starkregen das Wasser in der frisch sanierten Turnhalle. Eltern von Grundschulkindern halfen beim Wischen. Der Schulhof der Grundschule Timmerlah war auch überflutet. An verschiedensten Stellen drang Wasser in die Schule.

Eine private Wetterstation am Ritterbrunnen zeigte an: Zwischen 19.14 und 19.44 Uhr sind 22,3 Liter Regen je Quadratmeter gefallen. Private Wetterstation Zuckerbergweg: Zischen 18.44 und 19.16 Uhr waren es 65 Liter Regen je Quadratmeter. Private Wetterstation Broitzem: 65 Liter Regen je Quadratmeter zwischen 18.34 und 19.13 Uhr. Die Temperatur fiel binnen 25 Minuten um 8 Grad.

In der Gaußschule in Braunschweig fällt nach Informationen unserer Zeitung am Freitag voraussichtlich der Unterricht aus, heißt es. Der Keller ist vollgelaufen.

Der Artikel wird aktualisiert.