Braunschweig. Braunschweig ist um ein Stadtviertel reicher: Aus einem brach liegenden Grundstück mit Ruine erwuchs das stolze Quartier St. Leonhard.

14 Jahre ist es her, da wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet: Aus einer großen, verwilderten Brache in Bahnhofsnähe sollte ein neues Stadtviertel erwachsen, ein integratives Quartier für generationsübergreifendes Wohnen, Leben und Arbeiten in Verbindung mit sozialen Angeboten.

Das klang ein bisschen zu schön, um wahr zu werden, und viele glaubten nicht wirklich an die Realisierung des Quartiers St. Leonhard. Es war auch nicht immer einfach, das klang bei den Redebeiträgen am Dienstag deutlich durch – aber es ist geglückt: Das Quartier wurde nun offiziell eröffnet.

Neues Leben in alten Mauern: In der denkmalgeschützten Stallscheune wird jetzt Theater gespielt.
Neues Leben in alten Mauern: In der denkmalgeschützten Stallscheune wird jetzt Theater gespielt. © Peter Sierigk

Das heißt: Auch die Sanierung der alten, denkmalgeschützten Scheunen ist jetzt abgeschlossen. Das aus der Kaffeetwete bekannte LOT-Theater, das Theaterpädagogische Zentrum sowie das Theater Endlich der Evangelischen Stiftung Neuerkerode sind eingezogen und bespielen die dortige Bühne.

Ergänzt werden soll das kulturelle Angebot demnächst durch ein gastronomisches. Martin von Hoyningen Huene, Geschäftsführer der Spielstätten gGmbH, sprach von einem Zentrum, einem „Treffpunkt für alle im Quartier“. Im denkmalgeschützten Mauerwerk moderne Räume für ein Theater entstehen zu lassen, sei allerdings eine „Herausforderung“ gewesen, räumte Architekt Stefan Drees ein.

Rundum in den fünf Neubauten ist längst Leben eingezogen. Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD) betreibt seit fast fünf Jahren die Internationale Kita im Quartier, auch die Internatsschüler leben schon mehrere Jahre dort. Die Hans-Georg-Karg-Grundschule des CJD soll demnächst in das Quartier hinein erweitert werden. Auch die Evangelische Stiftung Neuerkerode (ESN) ist mit verschiedenen Einrichtungen vor Ort. Es gibt eine Tagesklinik, eine Diakoniestation, stationäres und bereutes Wohnen sowie eine Tagesförderung mit Werkstätten für Menschen mit Einschränkungen.

Zwischendurch sah es so aus: Die denkmalgeschützten Stallscheunen im Quartier St. Leonhard wurden bis auf die Grundmauern abgerissen.
Zwischendurch sah es so aus: Die denkmalgeschützten Stallscheunen im Quartier St. Leonhard wurden bis auf die Grundmauern abgerissen. © Jonscher, Norbert

Von einem „Leuchtturmprojekt“ sprach die damalige CJD-Gesamtleiterin und Impulsgeberin Ursula Hellert einst. Damals befand sich das Areal mit den halbverfallenen Ruinen noch im Dornröschenschlaf – und es brauchte mehrere starke Partner, damit aus der Vision Realität werden und der Leuchtturm wirklich strahlen konnte: Die Richard Borek Stiftung, die Borek Immobilien GmbH, das CJD und die Evangelische Stiftung Neuerkerode haben das gemeinsame Ziel mit vereinten Kräften umgesetzt.

Die Historie des Standorts ist wechselvoll: Im Mittelalter stand hier das Siechenhaus St. Leonhard für Leprakranke, später waren ein Kranken- und Armenhaus hier beheimatet. Noch später gehörte das Areal einer Domäne an, ab 1912 hatte die Reiterstaffel der Polizei hier ihren Sitz. 1978 gab die Polizeidirektion das Gelände auf, es verwilderte und lag viele Jahre brach.

Die Leonhardkapelle im Zentrum des heutigen Quartiers hat all dies überstanden und gilt als eines der ältesten Gebäude der Stadt. Die Kapelle verleiht dem Quartier ebenso wie die sanierte und ab 1850 errichtete Remise seinen unverwechselbaren Charakter aus Alt und Neu.

Oberbürgermeister Thorsten Kornblum fasste es am Dienstag so zusammen: „Was lange währt, wird endlich gut. Dies hier währte sehr lange, aber es wurde auch sehr gut. Inklusion, Bildung und Teilhabe werden hier neu interpretiert.“ Auch rundum tue sich viel, merkte Kornblum an und zählte auf: der Brawo-Park, das künftige Bahnhofsquartier, die Bahnstadt und das geplante Konzerthaus. „2028 eröffnet dann noch die sanierte Stadthalle“, gab sich Kornblum optimistisch – doch aufkommendes Gelächter im Publikum zeigte, dass daran viele noch nicht wirklich glauben.

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