Braunschweig. „Urban Culture“ bietet kostenfreie Kurse in Streetdance, Rap, Video- und Beatproduktion an. Die Suche nach einem neuen Standort ist schwierig.

Das Sozialprojekt „Urban Culture“ sucht dringend neue Räumlichkeiten. Als Teil der Musischen Akademie des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands (CJD) bietet das Projekt Kurse für Jugendliche in verschiedenen musischen und künstlerischen Bereichen an. Die Jugendlichen können dort kostenlose Kurse zu Rap- und Beat-Produktion, Streetdance, Video-Produktion und Fotografie belegen oder Feriencamps absolvieren.

Die Musische Akademie des CJD hatte ihre Räumlichkeiten am Neustadtring nach dem Ende der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen New Yorker zum Jahresende verlassen müssen. „Urban Culture“ sollte eigentlich, wie der Rest der Musischen Akademie, an den CJD-Campus an der Georg-Westermann-Allee ziehen. Doch daraus wurde nichts. „Es gab Probleme beim Bau in diversen Bereichen, etwa wegen der Energiekrise, Brandschutzbestimmungen und Mangel an Baufachkräften“, sagt Jonathan Beddig, Spartenleiter von „Urban Culture“.

Das Projekt musste sich übergangsweise auf mehrere Standorte aufteilen: So proben die Street-Tänzerinnen und Tänzer derzeit im Jugendzentrum „Rotation“ in der Weststadt. Die Rap-Workshops finden im Jugendzentrum „Mühle“ statt, während die Beat-, und Video-Produktion-Workshops fast ausschließlich online stattfinden.

Kurse leiden unter schlechten Bedingungen

„Wir brauchen einen gemeinsamen Ort, an dem sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der verschiedenen Kurse begegnen können“, sagt Andreas Bucklisch, Dozent für Rap und Beatproduktion. Die Workshops sind normalerweise eng miteinander verzahnt, so produzieren die Jugendlichen der Video-Produktions-Kurse etwa Musikvideos für die Rap-Songs, die im Rap-Kurs entstehen oder nehmen Live-Auftritte der Musiker und Tanzgruppen auf.

Gerade die Video-Kurse leiden unter einem fehlenden Raum, denn die Jugendlichen sind eigentlich darauf angewiesen, mit teuren Kameras zu arbeiten, auf die sie zu Hause keinen Zugriff haben. „In den Online-Kursen können wir nur den Videoschnitt lernen, aber wir lernen nicht, wie man mit einer Kamera umgeht“, beschreibt Kursteilnehmer Lorenz Eichhorn (14) das Problem. „Außerdem fehlt im Digitalunterricht der Kontakt zu den anderen Jugendlichen“, ergänzt Hiob Wolff (15).

Die Fortgeschrittenen-Streetdance-Gruppe von „Urban Culture“ nimmt an den Deutschen Meisterschaften im Hip-Hop-Tanz teil. Hier ein Bild vom Auftritt beim Okerinsel-Festival.
Die Fortgeschrittenen-Streetdance-Gruppe von „Urban Culture“ nimmt an den Deutschen Meisterschaften im Hip-Hop-Tanz teil. Hier ein Bild vom Auftritt beim Okerinsel-Festival. © Bernward Comes/ Archiv

Auch beim Streetdance sind die Bedingungen derzeit nicht optimal: Für das Einstudieren der Choreographien ist ein durchgängiger Wandspiegel wichtig. „Wir haben zwar ein paar Spiegel, die wir zusammenschieben können, aber da sind große Lücken dazwischen.“, sagt Aylina Bendler (14). Mit dem Streetdance-Kurs für Fortgeschrittene nimmt sie in diesem Jahr an der Deutschen Meisterschaft im Hip-Hop-Tanz in Duisburg teil. Die Streetdance-Gruppe tritt außerdem regelmäßig bei den Halbzeitshows der Basketball-Löwen auf.

Projekt bringt auch persönliche Entwicklung der Jugendlichen voran

Auch Elias Schönberg (17), der an den Rap- und Beat-Produktions-Workshops teilnimmt, hebt die Wichtigkeit eines gemeinsamen Raums hervor. „Für mich persönlich funktionieren Online-Kurse überhaupt nicht“, sagt er. Da bei den Rap-Songs vor allem sozialkritische Themen eine Rolle spielen, sei der Austausch mit den anderen Kursteilnehmern wichtig. Das Studio in der „Mühle“ ist sehr klein, deshalb mussten die Teilnehmer sich auf Einzeltermine aufteilen.

Der Braunschweiger Rapper Elias Schönberg alias „Too Young“ veröffentlichte kürzlich mit Unterstützung von „Urban Culture“ seine erste eigene EP „Personal Priorities“.
Der Braunschweiger Rapper Elias Schönberg alias „Too Young“ veröffentlichte kürzlich mit Unterstützung von „Urban Culture“ seine erste eigene EP „Personal Priorities“. © Urban Culture (Archiv) | Swetlana König

Schönberg nimmt seit fünf Jahren an den Kursen und Camps von „Urban Culture“ teil. Das Projekt ermöglichte ihm unter dem Künstlernamen „Too Young“ die Veröffentlichung eines ersten Songs, inklusive Live-Auftritten. Doch neben der Entwicklung seiner künstlerischen Fähigkeiten habe es ihm auch bei der persönlichen Weiterentwicklung enorm geholfen: „Bei Rap geht es darum, sich selbst zu reflektieren. Ich bin an jedem Text, den ich geschrieben habe, gewachsen“, sagt er.

Auch die anderen Jugendlichen heben die persönliche Weiterentwicklung durch das Sozialprojekt hervor. „Ich bin durch das Tanzen viel selbstbewusster geworden und traue mich auch auf andere zuzugehen“, sagt Bendler. Hanna Dakowski (15), ebenfalls Street-Tänzerin pflichtet ihr bei: „Wir haben auch schon selbstständig die Gruppe geleitet und motiviert, als unser Tanzlehrer krank war.“ Die beiden sind schon seit vier Jahren bei „Urban Culture“ aktiv. Video-Dozent Ole Plönnigs erklärt: „Alle sind hochmotiviert, hier ist niemand als Beschäftigungstherapie“. Sein Schüler Wolff fügt hinzu: „Ich habe durch die Kurse viel mehr Lust, etwas selbst anzupacken und die Dinge in die Hand zu nehmen“

„Urban Culture“ wird noch bis Herbst 2024 gefördert, unter anderem von New Yorker, der Volksbank BraWo, den United Kids Foundations und RTL „Wir helfen Kindern“. Ein neuer Standort ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass das Projekt auch über den Zeitraum hinaus erfolgreich sein kann.

Die Anforderungen an den gesuchten Projektstandort sind hoch, gleichzeitig hat „Urban Culture“ kein Budget, um eine hohe Miete zu stemmen. Damit die Schülerinnen und Schüler keine zu weite Anfahrt auf sich nehmen müssen, sollen die neuen Räumlichkeiten zentral gelegen sein. Mindestens 140 Quadratmeter Fläche mit drei Zimmern werden benötigt, davon ein großer Hauptraum mit Wandspiegel, für die Tanzgruppen mit Umkleidemöglichkeit, ein Lagerraum und ein Studio für Beat-, Video, und Rap-Produktion.

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