Braunschweig. Immer mehr Supermärkte und Restaurants beteiligen sich am „Veganen Januar“. Eine Veganerin sagt, worauf zu achten ist und wie der Einstieg gelingt.

Seit Anfang des Monats läuft erneut die Aktion „Veganuary“ – der vegane Januar. Dahinter steht eine gleichnamige internationale Organisation mit Sitz in Großbritannien. „Veganuary“ wirbt seit zehn Jahren weltweit dafür, im Januar und auch darüber hinaus eine rein pflanzliche Ernährung auszuprobieren.

Wer sich darauf einlässt, hat es inzwischen immer einfacher, denn das Angebot ist immens gewachsen. Auch die Teilnahme von immer mehr Unternehmen am „Veganuary“ zeigt, dass veganes Essen längst kein Randthema mehr ist. So hat zum Beispiel die Deutsche Bahn ihr veganes Angebot in den Bordrestaurants jetzt um vegane Currywurst erweitert.

Schnitzel, Steak, Garnelen und Thunfisch in der pflanzlichen Alternative

Bei Ikea gibt’s vegane Schnitzel, und Aldi nimmt ein veganes Steak ins Sortiment auf. Auch andere Einzelhändler wie Rewe, Edeka, Kaufland und Lidl begleiten den „Veganuary“ mit Aktionen oder neuen Produkten. Ebenso sind etliche Restaurants mit dabei.

„Dean & David“ zum Beispiel verkauft alle Chicken-Gerichte auch in einer pflanzenbasierten Variante – und zwar einen Euro günstiger als das Tierprodukt. Die Burgerketten „Peter Pane“ und „Hans im Glück“ haben neue vegane Burger auf der Karte.

Bei „Nordsee“ bekommt man unter anderem das Garnelen-Baguette mit pflanzlichem Ersatz. Und L’Osteria bietet zusätzlich zur Standardspeisekarte bis zum 6. Februar eine vegane Monatskarte mit sieben Gerichten an: Pizza beispielsweise gibt’s mit einer Thunfisch-Alternative aus Meeresalgen und und Ackerbohnenprotein. Spaghetti werden mit Hackbällchen-Ersatz auf Erbsen- und Weizenbasis serviert.

Facebook-Gruppe „Braunschweig vegan“ steht allen Interessierten offen

Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Es ist eine Entwicklung, über die sich Tanja Schniedertöns sehr freut. Vor 34 Jahren ist sie Vegetariern geworden, vor 15 Jahren Veganerin. Schniedertöns hat Kochkurse gegeben, geht regelmäßig zum „Veganen Stammtisch“ im Café Riptide und gehört zum Administratoren-Team der Facebook-Gruppe „Braunschweig vegan“.

„Es hat sich richtig viel bewegt“, sagt sie. „Vor 15 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass es jemals vegane Burger geben wird. Und inzwischen hat selbst Tönnies mit seinen Mega-Schlachthöfen auch vegane Produkte am Start.“

„Vitamin B12 ist das Einzige, was Veganer ergänzend aufnehmen“

Während das Angebot an veganen Produkten wachse, höre sie aber zugleich immer wieder einige Vorurteile, so Schniedertöns. Zum Beispiel diese: „Als Veganer kann man nur noch Salate essen.“ Oder: „Ihr esst ja alle nur Chemie.“ Und auch dies: „Vegane Ernährung ist gefährlich, und Veganer brauchen deswegen viele Pillen.“

Zu Punkt 1: Salate findet Tanja Schniedertöns gut, aber auf ihrem Speiseplan steht noch jede Menge mehr, wie sie betont. Punkt 2: Produkte wie vegane Wurst bestehen in der Regel aus natürlichen Zutaten, zum Beispiel aus Tofu, der aus Sojamilch hergestellt wird. Und zu Punkt 3 sagt sie: „Bei jeder Art der Ernährung kann es zu Mangelerscheinungen kommen, wenn man nicht ausgewogen isst. Vitamin B12 ist das Einzige, was verantwortungsbewusste Veganer ergänzend aufnehmen, weil das über die pflanzliche Kost nicht möglich ist.“

Sie empfiehlt Menschen, die vegan essen wollen, regelmäßig einen Bluttest machen zu lassen. Dann sei man auf der sicheren Seite.

„Die Tiere werden auf eine immer höhere Milchleistung getrimmt“

Schniedertöns berichtet, dass sie selbst durch Schockmomente auf vegetarisch und später auf vegan umgestellt habe: „Als Schülerin bin ich in England an einem Schlachthof vorbeigekommen. Ich habe dort Schafe schreien gehört – und schreiende Männer, die die Tiere vom Tiertransporter runtergeprügelt haben“, erzählt sie. Damit sei Fleisch für sie tabu gewesen.

Jahre später ein weiteres Erlebnis: Auf einem landwirtschaftlichen Hof habe sie eine Kuh schreien gehört, der das Kalb weggenommen wurde. „Ich mochte Milchprodukte noch nie, hatte vorher aber nicht auf dem Schirm, was dahintersteckt“, sagt Schniedertöns. „Danach war für mich klar: Das esse ich nicht mehr. Die Tiere werden auf eine immer höhere Milchleistung getrimmt, was ihre Körper unglaublich auslaugt. Das ist so, als würden wir täglich Marathon laufen.“

Auch auf den ökologischen Fußabdruck achten

Tanja Schniedertöns will niemanden bekehren. Jeder müsse seinen Weg finden, sagt sie. Sie will anregen, sich mit der Ernährung auseinanderzusetzen, Hintergründe kennenzulernen, mal etwas anderes auszuprobieren. Wichtig ist ihr auch der ökologische Fußabdruck: Welchen Weg legen Lebensmittel zurück? Wie werden sie angebaut? Und wie sind die sozialen Bedingungen der Menschen, die sie produzieren?

Sie versuche, möglichst regional oder zumindest auf dem europäischen Markt einzukaufen, und nur in Ausnahmefällen auch mal Früchte zu essen, die einen weiteren Weg zurückgelegt haben. „Mein Mann und ich schauen zum Beispiel, dass wir möglichst nichts mit Palmöl kaufen.“ Auch Avocados aus Südamerika müssten nicht sein, sondern – wenn schon – dann eher die aus Spanien.

Einfach mal die Kuhmilch gegen Hafermilch tauschen

Die Veganuary-Aktion findet sie als Anreiz perfekt, um die eigene Ernährung zu überdenken und vegane Produkte zu probieren. „Das ist ja sowieso der Monat, in dem man etwas ändern möchte: weniger Zucker, weniger Fett, weniger Alkohol.“ Und wenn man diesen Monat „geschafft“ habe, sei es ein Ansporn, immer mehr vegane Optionen ins Leben einzubauen.

„Viele befürchten, dass sie ihr ganzes Leben umkrempeln müssen, dass Genuss und Spaß wegfallen“, sagt sie. „Aber das stimmt nicht. Man sollte einfach offen sein und Schritt für Schritt schauen, was man tauschen kann.“ Zum Beispiel Butter gegen pflanzliche Margarine. Kuhmilch gegen Hafermilch: Rinderhack gegen Hack aus Soja oder Erbseneiweiß. Tanja Schniedertöns empfiehlt: „Einfach mal probieren!“

Infos: Der „Vegane Stammtisch“ im Café Riptide, Ölschlägern 14, trifft sich jeden ersten Freitag im Monat ab 18.30 Uhr. Alle Interessierten können kommen. Auch die Facebookgruppe „Braunschweig vegan“ steht allen offen.

Mehr Nachrichten aus Braunschweig