Braunschweig. Gut kochen gegen die Verschwendung: Das Team des Pop-up-Restaurants kocht aus aussortierten Lebensmitteln feine Gerichte und tischt sie kostenlos auf.

Es fängt alles ein bisschen konspirativ an mit einem Treffen auf einem Supermarkt-Parkplatz in der Braunschweiger Innenstadt. Samstag gegen 18 Uhr: Lebensmittel sollen abgeholt werden für eine weitere Restaurant-Aktion von „Futter Teresa“. Vier freundliche Menschen erscheinen, kurze Begrüßung, dann folgt die Begutachtung der bereitstehenden Kisten. Viel Brot, Paprika, Tomaten, Zucchini, eine Menge Salat. Zufriedenes Nicken: „Daraus kann man was machen.“

Futter Teresa ist eine Initiative gegen Lebensmittel-Verschwendung, die sich vor ein paar Jahren an der Uni gegründet hat. In Kooperation mit „Food Sharing“ sammelt sie von Supermärkten aussortierte Lebensmittel ein – verteilt die allerdings nicht direkt an Bedürftige weiter, sondern bereitet davon feine Mahlzeiten zu. Die werden kostenlos an Gäste serviert, anschließende Spenden sind freiwillig und gern gesehen.

Futter Teresa kann die Rokoko-Küche kostenlos nutzen

Dieses Mal steht ein Abend im „Rokoko“ an. Das Restaurant im Bürgerpark auf dem Gelände des BTHC hat seine Küche und Gasträume den Futter-Teresa-Leuten kostenlos zur Verfügung gestellt. Rokoko-Betreiber Jan Blaeß: „Ich finde die Initiative gut und mag die Leute.“ Ganz ohne Einnahmen bleibt er nicht – die abendlichen Getränke werden normal abgerechnet.

Zurück zum Supermarkt-Parkplatz. Die Waren werden in ein Auto geladen und dann geht es ins Rokoko. Auspacken, Begutachten, Sortieren, erste Überlegungen, was daraus zubereitet werden kann. Ein paar Gratis-Zugaben aus dem Restaurant-Fundus gibt es obendrauf: 20 Saibling-Filets erweitern die Angebots-Palette beträchtlich. Alles wird fotografiert und in die Futter-Teresa-WhatsApp-Runde geschickt. So können alle mit überlegen, was zwei Tage später auf die Teller kommen soll.

Futter Teresa: So funktioniert das Konzept der Hobby-Köche

Hai Link Briese und Juliane Hartlich bei der Begutachtung der gespendeten Lebensmittel.
Hai Link Briese und Juliane Hartlich bei der Begutachtung der gespendeten Lebensmittel. © Erwin Klein
Die Ausbeute eines Supermarkt-Besuchs.
Die Ausbeute eines Supermarkt-Besuchs. © Erwin Klein
Juliane Hartlich: Möhren gibt’s auch.
Juliane Hartlich: Möhren gibt’s auch. © Erwin Klein
In der Rokoko-Räumen wird sortiert und ausgesucht.
In der Rokoko-Räumen wird sortiert und ausgesucht. © Erwin Klein
Alles wird fotografiert und in die WhatsApp-Gruppe gegeben.
Alles wird fotografiert und in die WhatsApp-Gruppe gegeben. © Erwin Klein
Conni Kloppisch-Weber (links) und Birgit Petri beim Vorbereiten der Knödel.
Conni Kloppisch-Weber (links) und Birgit Petri beim Vorbereiten der Knödel. © Erwin Klein
Lasse Osterneck schmeckt ab: Vorbereitung ist alles.
Lasse Osterneck schmeckt ab: Vorbereitung ist alles. © Erwin Klein
Die Kunst der Dekoration zelebriert von Hai Linh Briese und Erik Lehmann.
Die Kunst der Dekoration zelebriert von Hai Linh Briese und Erik Lehmann. © Erwin Klein
Voller Einsatz am Herd: Lasse Osterneck und Vjollca Arifi.
Voller Einsatz am Herd: Lasse Osterneck und Vjollca Arifi. © Erwin Klein
Voller Einsatz am Herd: Lasse Osterneck und Vjollca Arifi.
Voller Einsatz am Herd: Lasse Osterneck und Vjollca Arifi. © Erwin Klein
Die Vorbereitungs-Küchen-Crew: Hai Linh Briese, Hai Phong Briese, Birgit Petri, Lasse Osterneck, Conni Kloppisch-Weber und Erik Lehmann.
Die Vorbereitungs-Küchen-Crew: Hai Linh Briese, Hai Phong Briese, Birgit Petri, Lasse Osterneck, Conni Kloppisch-Weber und Erik Lehmann. © Erwin Klein
Die Vorspeisen-Salate stehen bereitet.
Die Vorspeisen-Salate stehen bereitet. © Erwin Klein
Zweimal veganer Bratwurst-Teller: Hai Phong Briese und Lotta Hagelmann.
Zweimal veganer Bratwurst-Teller: Hai Phong Briese und Lotta Hagelmann. © Erwin Klein
1/13

Futter-Teresa-Organisator: Wir wollen keinen Eintopf ausgeben

Die Erwartungen dabei sind hoch: „Wir wollen keinen Eintopf ausgeben“, formuliert Organisator Hai Phong Briese den Anspruch. „Wir wollen zeigen, was mit aussortierten Lebensmitteln möglich ist. Und außerdem kochen wir gerne gut.“

Das merke ich am nächsten Nachmittag, als sich die sechsköpfige Kochgruppe trifft. Erneutes Begutachten der vorhandenen Lebensmittel, die Vorschläge gehen hin und her. Niemand bestimmt, aber ziemlich schnell einigt man sich auf das Menüangebot: Saiblings-Filet auf Kürbis-Süßkartoffelpüree mit Zucchini, dreierlei Knödel an Paprika-Dip mit Möhrenpesto und Champignonfarce. Vegetarische Bratwurst an geröstetem Blumenkohl mit Tomatencurrysauce, und als Nachtisch Süße Knödel auf geflammten Pflaumen mit Mandarinen-Granita.

Das klingt nicht nur professionell, das wird auch so umgesetzt: Die einzelnen Arbeiten werden kurz besprochen, dann geht es los mit Schneiden, Schnibbeln, Aufsetzen, Einkochen, Anrühren. Niemand hat eine entsprechende Ausbildung, aber alle stehen privat oft am Herd und wissen was zu tun ist.

Das Interesse am Konzept von Futter Teresa steigt

Gute Vorbereitung ist das Wichtigste im Restaurant-Betrieb. Außerdem ist das die entspannte Küchen-Phase: Es kommen keine Bestellungen rein, nichts muss schnell fertig werden. Zeit, um sich zu unterhalten. Conni Kloppisch-Weber und Birgit Petri schneiden die Brötchen für die Knödel klein. „Wir sind gegen die Lebensmittel-Verschwendung und wir mögen das gemeinsame Kochen“, erzählen sie.

Sie sind über das Internet zu Futter Teresa gestoßen. Deren Facebook- und Instagram-Account sowie die Webseite werden regelmäßig aktualisiert. Stark steigende Follower-Zahlen signalisieren wachsendes Interesse – und außerdem werden die Reservierungen über diese Kanäle abgewickelt.

Futter Teresa kocht in unterschiedlichen Restaurants in Braunschweig

Am Herd ist Lasse Osterneck mit Ansetzen, Auf- und Einkochen beschäftigt. Der ambitionierte Hobby-Koch hat erkennbar Spaß, er ist schon einige Zeit bei Futter Teresa dabei und mag vor allem die lockere Team-Atmosphäre.

Für den kommenden Abend gibt es 56 Vorbestellungen. Mehr sollten es bewusst nicht sein, denn Futter Teresa organisiert sich nach Corona neu und tritt mit einem geänderten Konzept an. Aus dem ursprünglichen Café im Handelsweg wurde ein Pop-Up-Restaurant mit wechselnden Örtlichkeiten, jetzt will man zumindest für ein paar Monate im Rokoko bleiben.

Futter-Teresa-Crew begrenzt inzwischen die Gästezahl

Hai Phong: „Die Gewöhnung an ständig neue Küchen ist manchmal schwierig. Eine feste Anlaufstelle vereinfacht vieles.“ Von Januar bis April kommenden Jahres wird Futter Teresa ein- bis zweimal im Monat im Rokoko aufkochen. Zweite – intern durchaus umstrittene – Änderung: eine Begrenzung der Gästezahlen. Bei den letzten Events kamen mehrere Hundert Interessierte und die Futter-Teresa-Crew konnte den Ansturm fast nicht bewältigen.

Am entscheidenden Montag geht es gegen 17 Uhr geruhsam los. Die Küche ist gut besetzt, die vorbereiteten Speisen stehen bereit, die Service-Freiwilligen sind einheitlich in Schwarz gekleidet und an einer Plakette erkennbar. Rokoko-Betreiber Jan Blaeß übernimmt die Bar und ist präsent, falls Fragen oder Probleme auftauchen. Zwei Kamera-Teams sind auch da – Futter Teresa braucht Bekanntheit und weiß, wie man das Interesse der Medien weckt.

Fazit im Rokoko: Gute Stimmung, sehr gutes Essen, viel Lob für das Team

Die Besetzung der liebevoll dekorierten Tische ist genau geplant, eventuelle Unverträglichkeiten und Vorlieben sind gecheckt und berücksichtigt. Das gute alte Motto „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt“ stimmt schon lange nicht mehr – vegan, vegetarisch, pescarisch und weitere Varianten gehören zum Pflichtprogramm.

Gegen 18 Uhr erscheinen die ersten Gäste – und dann läuft alles, als wäre es ein ganz normaler Abend in einem tollen Restaurant. Die Küche kocht, Hai Linh Briese und Erik Lehman dekorieren gekonnt die Teller, die draußen mit reichlich „Ah“ und „Oh“ empfangen werden.

Gute Stimmung, sehr gutes Essen, viel Lob für das Team – am Ende bleibt sogar noch einiges übrig, was bei den paar Kisten aus dem Supermarkt nicht unbedingt zu erwarten war. Natürlich wird kräftig in die bereitstehende Dose gespendet. Deren Inhalt bleibt bei Futter Teresa und wird für benötigte Einkäufe und das ganz große Ziel, einen eigenen festen Standort, verwendet.

Das Schlusswort hat Susanne-Gloria Grobe, Vorsitzende des BTHC, auf dessen Gelände das Rokoko steht: „Das Essen war sehr lecker und liebevoll angerichtet, der Service toll. Dazu viele Menschen, die noch nie hier waren. So etwas darf gern öfter stattfinden.“

Mehr News aus Braunschweig