Braunschweig. Als die Schule die Spende eines Vaters ablehnt, schickt der seinen Rechtsanwalt. Die Schulleiterin berichtet, dass der Anwalt gebrüllt habe.

An der Realschule John-F.-Kennedy-Platz ist der Streit um eine Spende eskaliert. Wie Schulleiterin Heidrun Werther berichtet, wollte ein Rechtsanwalt sie nötigen, eine Spende für die Schule anzunehmen und diese Spende auch zu quittieren. Sie habe sich daraufhin bei der Rechtsanwaltskammer über den in Braunschweig ansässigen Rechtsanwalt beschwert.

Anlass des Streits: ein Großbildschirm. „Der Vater einer Schülerin hat mich angerufen und mir geschildert, dass er im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs einer gemeinnützigen Organisation eine Spende in Höhe von 800 Euro machen müsse. Er hatte die Idee, unserer Schule einen Großbildschirm zu spenden, der in etwa diesem Wert entsprechen würde“, schildert Werther das Telefonat, mit dem alles begann.

Unabhängig davon, dass eine Schule keine gemeinnützige Organisation ist: Die Rektorin wollte zunächst mit dem Kollegium klären, ob ein solcher Bildschirm in der Schule überhaupt gebraucht werde – und wie genau das Prozedere aussehen würde, denn Schulen müssen Spenden ab einer gewissen Summe dem Regionalen Landesamt für Schule und Bildung anzeigen (RLSB) und sie genehmigen lassen. So regelt es die Antikorruptionsrichtlinie.

Die Schulleiterin teilte dem Vater am nächsten Tag mit, dass die Schule gut ausgestattet sei und einen solchen Bildschirm nicht brauche; außerdem wäre das nötige Genehmigungsverfahren sehr langwierig. Ein klares: Nein, danke! Damit war der Fall für sie erledigt.

Doch der Vater, der auch Elternvertreter ist, ließ nicht locker: Er schickte seinen Rechtsanwalt. Dieser tauchte offenbar ohne Termin und Ankündigung in der Schule auf. Er habe ihr mitgeteilt, dass sein Mandant „verlange, dass ich die von diesem angebotene Spende jetzt zügig anzunehmen hätte und dass ich eine entsprechende Zuwendungsbescheinigung auszustellen habe“, so die Schulleiterin in ihrem Schreiben an die Rechtsanwaltskammer.

Rechtsanwaltskammer prüft Beschwerden auf „berufsrechtliche Verstöße“

Sie lehnte ab. Da „wurde er ungehalten und verlangte eine zügige Annahme der Zuwendung, zu der ich verpflichtet sei, weil diese freiwillig geschehe“, berichtet Werther. Er habe gebrüllt. Sie empfand den Auftritt des Anwalts als „völlig unangemessen“, fühlte sich genötigt und verwies den Mann des Hauses. Er habe ihr daraufhin mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht: Man sehe sich vor Gericht.

Dienstaufsichtsbeschwerde hat er bislang nicht eingelegt. Aber Heidrun Werther meldete den Vorfall der Rechtsanwaltskammer Braunschweig. Diese dürfe sich zu besagtem Fall nicht äußern, heißt es auf Anfrage: Man sei zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Schulleiterin Heidrun Werther.
Schulleiterin Heidrun Werther. © BestPixels.de (Archiv) | Florian Kleinschmidt

Grundsätzlich aber sei es so, dass Beschwerden von der Kammer auf „berufsrechtliche Verstöße“ geprüft werden. Gegebenenfalls werde ein Beschwerdeverfahren eingeleitet und der Rechtsanwalt angehört. Bestätigt sich ein Verdacht, könne die Kammer Maßnahmen ergreifen und zum Beispiel eine Rüge erteilen. Bei Verstößen von gravierendem Ausmaß – zum Beispiel wenn es um die Unterschlagung von Mandantengeldern geht – werde ein Fall zur Prüfung an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet.

Schulen sind nicht zur Annahme von Spenden verpflichtet

Der Anwalt, über den sich die Leiterin der Realschule beschwert hat, hat seit vergangenem Freitag weder auf telefonische Anfragen der Redaktion, noch auf eine Mail reagiert. Sein Mandant, der der Schule den Bildschirm spenden wollte, erklärte am Telefon, sich nicht zu den Vorwürfen äußern und lieber das direkte Gespräch mit Schulleitung und Anwalt suchen zu wollen.

Die Schule lehnt ein weiteres Gespräch ab: Eine Gutschrift von 700 Euro, die der Vater im Nachgang in dieser Woche auf das Schulkonto einzahlte, wurde per Sofortüberweisung zurücküberwiesen.

Vom RLSB heißt es: „Die zuständige Schuldezernentin steht zu dem ungewöhnlichen Vorfall mit der Schulleiterin in Kontakt und hat auch die Hilfe des Fachbereichs Recht angeboten.“ Eine Schule sei nicht zur Annahme einer Spende verpflichtet.

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