Wolfsburg/Stuttgart. Porsche will ein dunkles Kapitel des Unternehmens nun wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Profitierte Porsche vom Antisemitismus?

Er war ein bekannter Rennfahrer. Und er war der erste Sponsor von Ferdinand Porsche. Aber als die Nazis an der Macht war, da musste Adolf Rosenberger das von ihm mitgegründete Unternehmen Porsche GmbH verlassen und dann auch vor den Judenverfolgungen in die USA fliehen. Wurde er als Jude von dem bei Adolf Hitler in hoher Gunst stehenden Volkswagen-Erfinder Porsche und dessen Schwiegersohn Anton Piech aus dem Unternehmen gedrängt und billig abgefunden? Diese Frage will der Sportwagenbauer nun neu bewerten lassen, nachdem die von Porsche mitfinanzierte Biographie des Stuttgarter Historikers Wolfram Pyta in dieser Frage keine eindeutige Antwort formuliert hatte.

Es besteht Forschungsbedarf

Der Sportwagenhersteller schreibt dazu in einer Pressemitteilung: „Die Dr. Ing. h.c. Porsche AG und die Adolf Rosenberger gGmbH (München) haben vertraglich vereinbart, gemeinsam Herrn Prof. Dr. Joachim Scholtyseck (Universität Bonn) mit einem Forschungsprojekt über den Rennfahrer und Geschäftsmann Adolf Rosenberger zu beauftragen. Am 25. April 1931 gründete Ferdinand Porsche zusammen mit Dr. Anton Piëch und Adolf Rosenberger die Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH. Adolf Rosenberger hatte als Mitbegründer, Gesellschafter und Geschäftsführer Anteil an der Entstehung des Konstruktionsbüros. Beginnend zum 1. Oktober ist Prof. Dr. Joachim Scholtyseck mit einem unabhängigen Forschungsprojekt zu Adolf Rosenberger betraut. Die Studie ist auf 18 Monate Dauer angelegt. Die Ergebnisse werden anschließend in englischer und deutscher Sprache öffentlich gemacht und in Buchform vorgelegt.“

Kritik an unvollständiger Studie

Porsche verweist auf das vom Unternehmen mitfinanzierte Buch „Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke“ über die Anfänge von Porsche bis in die direkte Nachkriegszeit, in dem zum ersten Mal in einer wissenschaftlichen Studie auch das Schicksal von Adolf Rosenberger dargestellt wurde. „Die im Jahr 2019 gegründete gemeinnützige Adolf Rosenberger gGmbH hielt diese Studie allerdings für unvollständig und kam daher auf Porsche zu. Seither arbeiten Porsche und die Vertreter der Nachfahren Adolf Rosenbergers gemeinsam an einer umfassenden und ergänzten Aufarbeitung unter Berücksichtigung aller bekannter Quellen und des Rosenberger-Archivs sowie weiterer nationaler und internationaler Recherchen durch das Forschungsteam. Hierbei sollen erstmals umfassend bislang nicht berücksichtigte Unterlagen aus dem Besitz der Familie Rosenberger herangezogen werden. Auch sämtliche Materialen, die Porsche vorliegen, werden dem Forschungsteam zur Verfügung stehen“, heißt es in der Mitteilung.

Rosenberger musste in die USA emigrieren

Das Aufwachsen Adolf Rosenbergers in Pforzheim und das Kennenlernen mit Ferdinand Porsche bis zur Gründung des Konstruktionsbüros soll auf Aktenbasis nachvollzogen werden. Ein besonderer Fokus liege auf den Fragen, warum Adolf Rosenberger 1933 als Geschäftsführer und 1935 als Gesellschafter bei Porsche ausschied, bevor er 1938 in die USA emigrierte und dort unter dem Namen Alan A. Robert ein neues Leben begann. Der weitere Kontakt zu Porsche und die Rolle von Ferry Porsche bis zum Tod von Adolf Rosenberger 1967 wird ebenfalls Gegenstand der Studie sein. „Das von Porsche finanziell unterstützte Forschungsprojekt wird dabei von Prof. Dr. Scholtyseck inhaltlich unabhängig und ergebnisoffen nach wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführt. Der transparente Austausch ist über den gesamten Forschungsverlauf hinweg gewährleistet. Die Ergebnisse der Studie sollen für die Porsche AG und die Adolf Rosenberger gGmbH künftig Maßstab für Kommunikation und Maßnahmen rund um die Lebensgeschichte von Adolf Rosenberger sein“, so Porsche.

Er war Werksrennfahrer bei Mercedes-Benz

Zur Biographie Rosenbergers heißt es auf der Homepage der gemeinnützigen Rosenberger GmbH: „Adolf Rosenberger kam im Jahr 1900 in Pforzheim zur Welt. Er war Sohn einer assimilierten jüdischen Familie, mit 17 Jahren Kampfflieger im Ersten Weltkrieg, danach Techniker, Geschäftsmann und Werksrennfahrer bei Mercedes-Benz. Adolf Rosenberger gründet 1930/31 mit Ferdinand Porsche und dessen Schwiegersohn Anton Piëch die Porsche GmbH in Stuttgart. Die Keimzelle der heutigen Weltmarke. Als Geschäftsführer zog Rosenberger Aufträge aus der Automobilindustrie an Land, ist an der Konstruktion des später so erfolgreichen Auto-Union-Grand-Prix-Rennwagens beteiligt und hält als Mitgründer und Miteigentümer zehn Prozent der Firmenanteile. Bis 1933 die Nazis an die Macht kommen und der Jude Adolf Rosenberger zum Problem wird, weil Porsche mit dem NS-Staat große Geschäfte macht. 1935 wird Rosenberger in das Konzentrationslager Kislau verschleppt, es gelingt ihm zu emigrieren. In den USA startet er unter dem Namen Alan Robert noch einmal ein neues Leben. Doch die Sehnsucht nach seiner verlorenen Heimat bleibt.“

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