Wolfsburg. Tausende Menschen demonstrieren am Sonntag vor dem Rathausplatz in Wolfsburg gegen rechts. Dennis Weilmann zeigt Nazis die rote Karte.
Die Rathausuhr schlug Punkt 11.30 Uhr und in dem Moment eröffnete Iris Bothe, Stadträtin für Jugend, Bildung und Integration, am Sonntag offiziell die Großdemonstration mit dem Motto „Für Demokratie und Zusammenhalt“. Aufgerufen hatte der „Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten“, und mehr als 7000 Menschen kamen laut Schätzungen der Polizei auf den Rathausplatz.
„In einer Stadt, die Offenheit und Toleranz auf ihrem Banner trägt, muss man heute Flagge zeigen“, begründet Ex-Oberbürgermeister Rolf Schnellecke, warum er vor das Rathaus geradelt war – und zwar vom Steimker Berg zusammen mit seiner Ehefrau Ilona auf dem E-Bike.
Für Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und Porsche AG, war es ein ganz persönliches Anliegen, hinter das Rednerpult zu treten: „Die Freiheit ist eines der größten Güter, das wir in Deutschland haben. Um uns für sie starkzumachen, müssen wir aufstehen und vor allem Menschen, denen derzeit die Orientierung fehlt, motivieren mitzumachen.“ Volkswagen ist in über 150 Ländern weltweit aktiv, beschäftigt 670.000 Mitarbeitende, alleine im Wolfsburger Werk sind Menschen mit mehr als 120 Nationalitäten tätig.
„Wenn ich mich hier so umsehe, stelle ich fest, dass wir heute Menschen erreicht haben, die wir sonst nicht erreichen“, freut sich Falko Mohrs. Das führt der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur darauf zurück, dass es mittlerweile eine „persönliche Betroffenheit“ gebe: „Die Menschen spüren endlich: Das, was da geschieht, hat etwas mit mir zu tun. Leider gibt es aber immer noch ganz viele, die es nicht verstanden haben.“
Wolfsburgerinnen und Wolfsburger positionieren sich klar gegen die AfD
Und so sieht es auch Katja Huttner: „Es ist super, wenn so viele demonstrieren gehen. Aber die Wähler müssen an der Urne die richtige Entscheidung treffen.“ Ihre Begleitung ergänzt: „Wir müssen demokratische Parteien wählen und uns nicht auf die anderen verlassen.“ Und hält ein Schild mit der Aufschrift „Menschenrechte statt rechte Menschen“ hoch.
Till Korneffel sagt: „Ich bin hier, weil viele andere leider nicht hier sind.“ Dennoch gibt der 20-jährige Nordsteimker die Hoffnung nicht auf: „Noch bin ich optimistisch.“ Sam aus Velstove wird noch deutlicher. „Ich halte die AfD für demokratiefeindlich und stehe hinter keiner Aussage, die die treffen“, betont der 18-Jährige. Gleich nebenan hat der Aktionskünstler Eimo Cremer noch ein paar Holzlatten von seinen einstigen „Montablen“ zusammengenagelt und trägt zusammen mit Ehefrau Ingrid symbolisch die AfD zu Grabe. „Wir wollen das nicht noch einmal erleben“, sagen Edel Schwechheimer (75) und Herta Broscheit (88), beide aus Kästorf.
Wolfsburgs Oberbürgermeister zeigt Nazis die rote Karte
Auf der Bühne ergriff zunächst Iris Bothe, für die „die Meinungsfreiheit dort endet, wo sie die Würde anderer verletzt“, das Wort: „Die berechtigten Ängste um den Verlust des Wohlstandes werden genutzt, um Spaltung zu betreiben und Unruhe in unserer Gesellschaft zu säen.“ Die Dezernentin rief dazu auf, nicht zu schweigen und dafür einzutreten, „dass unsere Stimmen gehört werden“.
Oberbürgermeister Dennis Weilmann sagt: „In Wolfsburg gibt es keinen Platz für Rechtsradikale, für Hetze, für Antisemiten, für Rassismus.“ Der Verwaltungschef dankt allen Wolfsburgern, die „heute hierhergekommen sind“, und betont: „Wolfsburg hat sich, anders als von den Nazis geplant, zu einer internationalen, vielfältigen Stadt entwickelt. Wir werden uns gegen alle wehren, die diese Identität angreifen. Lasst uns den Nazis die rote Karte zeigen“, ruft Dennis Weilmann auf.
Demo gegen Rechts: VW-Betriebsratsvorsitzende betont Wichtigkeit der Vielfalt
Als Deutsche und als Italienerin sei sie stolz auf das heutige gemeinsame Zeichen, so Daniela Cavallo. „Nur gemeinsam sind wir unschlagbar. Wir stehen auf und halten dagegen“, unterstreicht die VW-Betriebsratsvorsitzende, die auch im Hinblick auf die Arbeitswelt betont: „Nur genügend Vielfalt bringt uns voran.“ Lebensläufe wie der ihre, sagt Daniela Cavallo, gehörten zu Wolfsburg „wie der Golf zu Volkswagen“.
Oliver Blume ruft dazu auf, „die Ärmel hochzukrempeln, die Probleme anzupacken, Tempo aufzunehmen, nicht zu klagen, sondern gemeinsam in die Zukunft zu schauen. Wir haben im globalen Wettbewerb viele Trümpfe in der Hand“, ist sich der Konzernchef sicher. Für den VfL Wolfsburg traten dann noch Yannick Gerhardt und Marina Hegering auf das Podium.
Wolfsburger sauer über Nicht-Demonstranten
Laut Polizeipressesprecherin Melanie aus dem Bruch verlief die Veranstaltung „sehr friedlich“. Allerdings blieben die Zahlen deutlich hinter den erwarteten 15.000 zurück. „Viele bleiben lieber am Sonntag auf dem Sofa, denen geht es immer noch einfach zu gut“, meint ein Demonstrant.
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red