Wolfsburg. Der Umweltausschuss diskutiert die Wolfsbegegnung in Wolfsburg, Eltern sind besorgt. Das sagen Stadt und Ausschuss-Mitglieder dazu.

Ein Umweltdezernent, der sich als Fan vom Wolf outet, ein Ortsbürgermeister, der von besorgten Eltern berichtet und ein Naturschutzbeauftragter, der vor zwei viel gefährlicheren Tieren in Wolfsburgs Wäldern warnt: Die Wolfssichtung in Heiligendorf bietet immer noch Diskussionsstoff. So diskutierte der Umweltausschuss das Thema – und das passiert im betroffenen Dorf.

„Das Thema Wolf polarisiert“, schickte Umweltdezernent Andreas Bauer jüngst im Umweltausschuss vorweg, als es um die brisante Problematik ging. Er kündigte an, Landwirten und Jägern einen Austausch anzubieten. Zugleich stellte er klar: „Wir als Stadt haben daran gar nicht so einen großen Anteil.“ Gemeint war das Procedere, wie nach Wolfssichtungen verfahren wird – denn dafür ist in erster Linie das Land Niedersachsen verantwortlich.

Umweltdezernent versucht besorgte Eltern in Wolfsburg zu beruhigen

„Wir als Stadt haben in der ganzen Meldekette keine Funktion“, erklärte der Dezernent noch einmal das, was tags zuvor bereits in einem Pressegespräch erläutert worden war. Denn ein Wolf interessiere sich nicht für Stadt- oder Landkreis-Grenzen und könne innerhalb eines Tages große Strecken zurücklegen. Heute Heiligendorf, morgen Hankensbüttel – für Isegrim überhaupt kein Problem. Bauer sagte aber zu, Wolfsmeldungen ans Land weiterzuleiten, wenn sie bei der Stadt ankämen.

Schließlich versuchte der Dezernent, für die Faszination von Wölfen zu begeistern. „Im Grunde kann sich jeder freuen, der in freier Wildbahn einen Wolf sieht.“ Er selbst habe das Glück noch nicht gehabt. Und versuchte in Bezug auf besorgte Eltern in Heiligendorf zu beruhigen: „Der Wolf ist ein Fluchttier, der kann mit uns nicht so viel anfangen. Es gibt keinen Anlass, die Kinder jetzt mit dem Auto zu fahren.“

In der Heiligendorfer Feldmark – hier der Blick aus Richtung Barnstorf kommend – zog  ein Wolf durch den Hasenwinkel-Ort. (Archiv)
In der Heiligendorfer Feldmark – hier der Blick aus Richtung Barnstorf kommend – zog ein Wolf durch den Hasenwinkel-Ort. (Archiv) © regios24 | Sebastian Priebe

Wolfsburger Naturschutzbeauftragter warnt vor zwei gefährlicheren Tieren

Von vielen Anfragen in Bezug auf die Wolfssichtung berichtete der städtische Naturschutzbeauftragte. Michael Kühn versuchte, eine eventuelle Bedrohung durch den Wolf zu relativieren: „Man muss das mal ins Verhältnis setzen zu echten Gefährdungen. Zecke und Wildschwein sind lebensgefährlich. In Deutschland werden jährlich Menschen und Hunde durch Wildschweine getötet.“

Ob die Kinder in der Kindertagesstätte nun in Bezug auf Wolfsbegegnungen geschult würden, wollte Kai Kronschnabel (CDU) wissen. Darauf entgegnete Vanessa Schulz vom Umweltamt, dass es immer wieder durchziehende Wölfe gebe, aber nie am Tage. Zudem sah sie keine akute Gefahr und erklärte das so: „Bei dem Geräuschpegel ist die Chance sehr gering, dass ein Wolf zu den Kindern hinläuft. Es ist der verkehrte Ansatz, alles abzuriegeln.“ Es handele sich um eine „gefühlte Angst“. Schließlich seien Wölfe schon seit dem Jahr 2000 wieder im Land. Sie sprach auch davon, dass jede Wolfsbegegnung ein Einzelfall sei. Hunde könnten zum Beispiel „Attraktoren“ sein, „als Sparringspartner oder Beute“.

Ortsbürgermeister von Heiligendorf gegen übertriebene Vorsicht

„Eltern fahren Grundschüler jetzt zur Schule, und der Kindergarten macht den Waldtag jetzt nur noch im Hasselbachtal und am Steimker Berg“, hatte der Aussschuss-Vorsitzende und Heiligendorfer Ortsbürgermeister Marco Meiners (FDP) zuvor geschildert. Es sei wichtig, auch in diesen Einrichtungen über den Wolf zu informieren. „Es sollte nicht so weit gehen, dass Kinder zur Schule gefahren werden und nicht mehr in den Wald gehen.“

Diese Aussagen lösten auf Nachfrage bei der Leiterin der DRK-Kita Heiligendorf Widerspruch und Irritation aus. Irene Schmitz berichtete, dass das Waldtage-Projekt erst 2023 angelaufen sei. Dafür habe Meiners der Kita ein ihm gehörendes Grundstück angeboten. Es sei aber nicht so, dass die Kita dessen Nutzung aufgrund der Wolfssichtung in Heiligendorf wenige Tage zuvor grundsätzlich abgesagt habe, versicherte die Kita-Leiterin. Wenn die Waldtage beispielsweise am Steimker Berg stattfinden würden, könne dort ja ebenso ein Wolf unterwegs sein. Zum Mitgrund für die Absage in Heiligendorf sagte sie: „Vieles dort entspricht nicht unseren Rahmenbedingungen.“ Es sei eine interne Entscheidung gewesen.

Bei dem Geräuschpegel ist die Chance sehr gering, dass ein Wolf zu den Kindern hinläuft. Es ist der verkehrte Ansatz, alles abzuriegeln.
Vanessa Schulz, Umweltamt Stadt Wolfsburg, zur Sorge vor Wolfsattacken auf Kita-Kinder

Kita-Leiterin in Wolfsburg fordert Verständnis für Situation

Allerdings räumte die Kita-Leiterin ein, dass es nach der Wolfsbegegnung Mails von ein paar besorgten Eltern gegeben habe und der nächtliche Vorfall schon zur Waldtag-Absage beigetragen habe. „Wir haben reagiert, indem wir den Wald in der Woche gar nicht besucht haben.“ Auch im Kita-Team habe es Bedenken gegeben.

„Wir haben uns an dem Montag gegen den Waldtag entschieden“, sagte Irene Schmitz. „Denn wir wussten ja nichts Näheres. Wir müssen für alles das Risiko abschätzen. Und wenn die Mitarbeiter nicht wissen, wie sie sich im Ernstfall verhalten müssen...“ Sie betonte: „Ich erwarte dann Respekt und Verständnis für die Situation.“ Für künftige Waldtage sei noch alles offen.

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