Wolfsburg. Die Stadt Wolfsburg hat Wasserzufuhr und Belüftung der Aller nach dem Fischsterben eingestellt. Die Entscheidung fällte die neue AG Aller Wolfsburg.

Nach den Regenfällen der vergangenen Tage ist die Lage für die Fische, die sich am Aller-Düker im Vorsfelder Drömling gesammelt haben, nicht mehr so dramatisch wie noch vor vier Wochen. Daher hat die Stadt die erforderliche Zufuhr von Sauerstoff sowie Wasser aus dem Mittellandkanal zur Rettung tausender Tiere am Mittwoch beendet.

„Die entsprechenden Geräte werden abgebaut und heute im Laufe des Tages abtransportiert“, informierte die Stadt am Mittwoch per Pressemitteilung. „Diese Entscheidung hat die Arbeitsgruppe Aller Wolfsburg gestern Abend einvernehmlich getroffen.“

Arbeitsgruppe Aller Wolfsburg bewertete Lage am Aller-Düker erneut

Vor dieser Entscheidung am Dienstagabend hatten die Beteiligten der AG – darunter neben der Stadt auch der Aller-Ohre-Verband und der Angel- und Gewässerschutzverein Vorsfelde und Umgebung – nach Angaben der Stadt die Lage am Aller-Düker gemeinsam begutachtet. Dabei seien Fische gesichtet und die Situation der Aller insgesamt betrachtet worden.

„Der Fluss ist nach Kenntnis aller Beteiligten wieder in allen Abschnitten wasserführend und auch wieder fließend, Fische und andere Lebewesen werden wieder vermehrt wahrgenommen, und die Aller scheint sich langsam zu erholen“, berichtete die Stadt zur aktuellen Einschätzung der AG Aller Wolfsburg. Diese hatte sich Anfang August aufgrund des plötzlichen Fischsterbens mit hunderten toter Fische allein am Aller-Düker in Vorsfelde kurzfristig gegründet.

Fische kommen nach Einschätzung der Beteiligten nun ohne Hilfe aus

„Aus diesem Grund und mit Blick auf die Wetterprognose für die kommenden zwei Wochen mit insgesamt kühleren Temperaturen, insbesondere den kühleren und längeren Nächten, wurde diese gemeinsame Entscheidung getroffen“, berichtete die Stadt-Pressestelle. Die Fische, die sich noch im Bereich des Aller-Dükers befinden, sollten nach Einschätzung der Beteiligten nun ausreichend Lebensraum und Lebensbedingungen haben „und nicht länger auf die künstlichen Unterstützung angewiesen sein“.

Am und im Aller-Düker hatten sich die Tiere in ihrer Not zu Tausenden gesammelt, als das Flüsschen aufgrund der wochenlangen Dürre auf einigen Abschnitten trockengefallen war: beispielsweise an der Einmündung des Katharinenbachs im äußersten Wolfsburger Osten, aber auch im Landkreis Helmstedt.

Anfang August starben am Aller-Düker plötzlich hunderte Fische

Im Düker wird die Aller unter dem Mittellandkanal hindurchgeführt, dort war das Wasser trotz der großen Hitze noch vergleichsweise tief. Allerdings wurde die Luft für die enorme Zahl an Fischen irgendwann dünn, als die Sonne das in dem Bereich quasi stehende Gewässer immer weiter aufheizte und weiterhin so gut wie keine Regen fiel. Verschärft wurde das Problem dadurch, dass sich eine invasive Wasserlinsen-Art breitmachte und die Aller am Düker fast komplett bedeckte.

Als Folge starben Anfang August über Nacht plötzlich hunderte Fische. In einer Hauruck-Aktion eilten die Wolfsburger Berufsfeuerwehr, die Freiwillige Feuerwehr Vorsfelde und als Unterstützung die Feuerwehr aus Braunschweig zum Aller-Düker und pumpten stundenlang Wasser aus dem Kanal in die Aller. Danach setzte zunächst der Wasserverband Vorsfelde und dann die Stadtverwaltung einen leistungsstarken Belüfter ins Wasser.

Stadträtin will regionsübergreifendes Wassermanagement für Aller

„Perspektivisch muss für die Aller ein regionsübergreifendes Wassermanagement installiert werden, um den Fluss als wichtige Lebensader zu erhalten und bei einer akuten Gefährdung wie in diesem Sommer schnell und vor allem Hand in Hand reagieren zu können“, fasste Stadträtin Monika Müller die Forderung der Arbeitsgruppe Aller Wolfsburg zusammen.

Die Dezernentin appellierte: „Es muss uns gelingen, die Bedeutung von Wasser jedem einzelnen Nutzer deutlich zu machen und unsere Gewässer zu sichern und zu gestalten, bevor wir nur noch den Wassermangel verwalten können.“

Zu viel Stress für Fische: Elektrofischen abgeblasen

Schon Hunderte Fische konnten durch die bisherigen Hilfsaktionen gerettet werden. „Weitere Rettungsmaßnahmen direkt am Aller-Düker durch den Angel- und Gewässerschutzverein erfolgen jedoch vorerst nicht, da sich die Rettung als schwierig bis unmöglich erweist: Ein Abfischen mittels Elektrofischfanggeräten ist aufgrund der hohen Wassertemperaturen, der Gewässertiefe und der Trübung des Wassers kaum möglich“, erklärte die Stadt kürzlich. „Die Tiere sind durch die Bedingungen im Gewässer ohnehin gestresst, so dass ein Bergungsversuch tödlich enden könnte.“

Schon in den vergangenen Wochen hatte der AGV-Vorsitzende Thorsten Fricke darauf hingewiesen, dass das Abfischen im Düker generell kaum möglich sei und insbesondere das Elektrofischen schwierig werden würde.

Fast vier Wochen lang sorgte im Aller-Düker, wo die Aller in Vorsfelde unter dem Mittellandkanal hindurchgeführt wird, dieser Belüfter der WEB dafür, dass die Tausenden Fische, die sich dorthin gerettet hatten, trotz großer Hitze und einem dichten Wasserlinsen-Teppich genügend Sauerstoff bekamen.
Fast vier Wochen lang sorgte im Aller-Düker, wo die Aller in Vorsfelde unter dem Mittellandkanal hindurchgeführt wird, dieser Belüfter der WEB dafür, dass die Tausenden Fische, die sich dorthin gerettet hatten, trotz großer Hitze und einem dichten Wasserlinsen-Teppich genügend Sauerstoff bekamen. © regios24 (ARchiv) | Michael Uhmeyer

Aller-Ohre-Verband baggert Vertiefungen in der Aller aus

Der Aller-Ohre-Verband hat daher im Allerverlauf östlich von Vorsfelde Vertiefungen ausgebaggert, in denen sich Wasser sammeln kann, so dass ein Rückzugsort für Fische entsteht. „Mit den benachbarten Landkreisen erfolgen weitere Gespräche zum Wasserhaushalt. Zudem werden die Wasserentnahmen auf den Prüfstand gestellt, um eine weitere Schwächung der Aller zu verhindern“, kündigte die Stadt an.

Die Verwaltung prüft weitere Maßnahmen, um Vereinbarungen zum Gewässerschutz zu treffen. „Wir brauchen für alle verbindliche Regelungen, um für die Aller und den Drömling die Folgen des Klimawandels, dem damit einhergehenden sinkenden Grundwasserspiegel und des fehlenden Regens soweit es geht abzufangen“, erläuterte die Stadträtin kürzlich.

Gewässerschützer wollen wissen, woher Aller-Austrocknung kommt

Der AGV will den Fokus darauf lenken, dass der extremen Aller-Trockenheit noch einmal nachgegangen wird. „Irgendwo muss das Wasser ja bleiben“, sagte der Vorsitzende kürzlich. Er appellierte zudem: „Wir müssen das Stückchen Aller am Leben halten, damit die Lebewesen mit mehr Wasser wieder flussauf- und abwärts wandern können.“

Fricke forderte vor rund zwei Wochen auch: „Die Stadt muss handeln, wie andere Kommunen. Mit einer Verordnung, die das Befüllen von Pools verbietet und das Wässern nur in den Abendstunden erlaubt. Spätestens jetzt muss man doch mit dem Wassersparen anfangen.“ Bisher gibt es seitens der Stadt diesbezüglich nur Appelle.

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Verband informierte über kurzfristige Rettungsmaßnahmen

Unterdessen informierte der Aller-Ohre-Verband kürzlich per Pressemitteilung über die kurzfristigen Rettungsmaßnahmen für Fische und andere Tiere sowie Pflanzen in der stellenweise kaum noch Wasser führenden Aller.

„War die Aller in den Jahren 2019 und 2020 bereits abschnittsweise, bis auf die Niedrigwasserrinne in den neu angelegten Kiesbetten, zu einem kleinen Gewässer reduziert, finden wir in diesem Jahr komplett trockene Abschnitte vor. Hier helfen die 2019 angelegten Niedrigwasserprofile in der Aller nicht mehr“, informierte der Verband. Für die Rettung von Fischen und Co. werden daher ,Rettungsinseln’ angelegt. Mit Inseln seien in diesem Fall allerdings ,Wasserinseln’ im trockenen Flusslauf gemeint – wo sich Wasser sammeln kann.

Aller-Ohre-Verband will „Betriebsplan Niedrigwasser“ aufstellen

Im Landkreis Helmstedt sei am Aller-Knie bei Grafhorst bereits Ende Juli eine Vertiefung angelegt worden, nun seien weitere Vertiefungen ausgebaggert worden. Auf Wolfsburger Seite sei in Höhe der Katharinenbach-Mündung in die Aller in einem neuen Seitenarm bereits 2020 eine Vertiefung geschaffen worden. Der Verband: „All diese Wasserrettungsinseln sind zusammen betrachtet wie Trittsteine über die Aller verteilt, so dass sich die Pflanzen und Tiere von hier aus nach der Dürre wieder über das Gewässer ausbreiten können.“

Für kommende Niedrigwasser-Situationen sollen laut Aller-Ohre-Verband in einer Arbeitsgruppe Maßnahmen entwickelt werden – und für künftige Hitzesommer soll ein „Betriebsplan Niedrigwasser“ aufgestellt werden. Im nächsten Schritt gelte es, „zu den beispiellos geringen Niederschlagsmengen die oberflächennahen Grundwasserstände zu überprüfen, um vergleichende Daten zu betrachten und die Herkunft aller möglicher Faktoren, warum genau dieser Bereich der Aller so trockenfällt, zu finden“.