Liebenburg. Am kommenden Wochenende startet die Familie des Vermissten die erste gemeinsame Aktion nördlich von Hannover.

Es ist der verzweifelte Versuch, ein Mordopfer nach eineinhalb Jahren zu finden. Doch drei Wochen nach dem neuerlichen Zeugenaufruf der Polizei Goslar und der Familie des verschwundenen Karsten M. aus Liebenburg stehen die Ermittler weiter mit leeren Händen da. Mehr als ein Dutzend neue Hinweise haben sie seitdem abgearbeitet, ohne Erfolg.

In einem Umkreis von 70 bis 80 Kilometern Luftlinie um den Tatort wurde der Leichnam versteckt, vermutet die Polizei.
In einem Umkreis von 70 bis 80 Kilometern Luftlinie um den Tatort wurde der Leichnam versteckt, vermutet die Polizei. © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Doch die Angehörigen von Karsten M. geben die Hoffnung nicht auf. Sie suchen auf eigene Faust nach dem Leichnam – und sie erfahren dabei bemerkenswerte Hilfsbereitschaft. Mehr als 100 Privatpersonen haben sich auf ihren Aufruf bisher gemeldet. Darunter viele Menschen, die im Internet oder den Medien vom Schicksal der Familie lasen, aber keinen persönlichen Bezug haben. Es sind Menschen aus der gesamten Region bis nach Hannover darunter. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt die Ehefrau von Karsten M. spürbar bewegt.

Familie hofft auf weitere Unterstützung

Gleichzeitig hofft sie, „dass sich noch mehr Menschen finden, die mit uns nach Karsten suchen“, um ihn würdig beisetzen zu können: „Wenn sich nur genug Leute melden, müssen wir ihn doch finden.“ Der Gedanke, „dass er dort draußen irgendwo liegt“ sei unerträglich. 34 Jahre waren Karsten und Katrin M. ein Paar. Die beiden Söhne und die Witwe bräuchten einen Ort zum Trauern, sagt ihr Anwalt Steffen Hörning. Die Familie hatte vor kurzem 5000 Euro Belohnung für Hinweise ausgelobt.

Am 24. September, dem kommenden Samstag, soll die erste konzertierte Suche mit rund 50 Freiwilligen stattfinden, erklärt die Witwe. Nördlich von Hannover durchkämmen sie ein Areal, das die Familie für erfolgversprechend hält. Wer sich an dieser oder anderen Aktionen beteiligen möchte, kann unter der E-Mail-Adresse findet.karsten@outlook.de Kontakt aufnehmen.

„Wir suchen die Nadel im Heuhaufen - müssen aber etwas tun“

Personen, die sich in Gruppen angemeldet hatten, ziehen nach Absprache an frei gewählten Tagen und in anderen Gebieten los. Einer von ihnen ist der Liebenburger Bürgermeister Alf Hesse, der nur wenige Meter vom vermutlichen Tatort entfernt lebt. „Ich mache das nicht als Bürgermeister“, betont er. „Man möchte schon die ganze Zeit helfen, nun kann jeder etwas tun. Wir suchen die Nadel im Heuhaufen. Doch es geht darum, alles zu probieren, damit die Familie mit dieser furchtbaren Sache irgendwann abschließen kann.“ Auch aus Vereinen der Heimatgemeinde des Mordopfers – wie die Handballer und zwei Feuerwehren – wollen noch Trupps losziehen.

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Die Witwe des Opfers hofft insbesondere auch noch auf Unterstützung aus dem Hannoveraner Raum, etwa von der Feuerwehr in Sarstedt, an die sie sich gewendet hat. Die Polizei geht davon aus, dass der Mörder von Karsten M. den Leichnam in einem Radius von 70 bis 80 Kilometern Luftlinie um den Tatort im Dorf Groß Döhren versteckt hat. Karsten M. ist seit dem 13. April 2021 verschollen. Polizei, Justiz und seine Familie vermuten, dass der 51 Jahre alte Mann an diesem Tag von seinem engen Freund Martin G. ermordet wurde.

Familie will Flugblätter verteilen

Die Richter des Braunschweiger Landgerichts urteilten nach einem Indizienprozess, nach einer Affäre mit der Frau von M. habe Martin G. seinen Nebenbuhler aus dem Weg geräumt, um dessen Platz in der Familie einzunehmen. Sie befanden den Bundespolizisten des Mordes für schuldig. Rechtskräftig ist die Entscheidung jedoch noch nicht.

Die Familie will die Suchaktionen fortsetzen: etwa mit Flugblättern in Kleingartenkolonien im Raum Hannover. „Vielleicht ist jemandem ja ein Grundstück aufgefallen, das seit einem guten Jahr nicht genutzt wird“, sagt die Witwe.

Die Kripo Goslar hatte die Öffentlichkeit Ende August darum gebeten, bei Spaziergängen, Wanderungen und Freizeitaktivitäten in der Natur und im eigenen Umfeld auf vermeintliche Baustellen zu achten, an denen außer der Absicherung seit langem nicht gearbeitet wurde.

Auch ungewöhnliche Absperrungen könnten von Bedeutung sein. Der mutmaßliche Mörder hatte unter anderem Bauzäune und Stacheldraht gekauft. Die Ermittler gehen davon aus, dass er sie nutzte, um die Leiche von Karsten M. zu tarnen.

Martin G. soll seinen Freund in dessen Garten angegriffen haben. Sein stark blutendes Opfer fuhr er nach Überzeugung der Richter mit dessen Kleintransporter weg. Er drei Tage später auf dem Expo-Gelände in Hannover gefunden.

Ermittler: „Ich hoffe sehr, dass Karsten M. gefunden wird

Lutz Lucht, ehemaliger Leiter der inzwischen aufgelösten Mordkommission bei der Polizei Goslar, sagt: „Wir haben alle Bereiche, die für uns infrage kamen, abgesucht.“ 30 Einsätze gab es bis zum August, seitdem habe man zehn weitere Örtlichkeiten überprüft. Dass die Familie auf eigene Faust weitersucht, versteht er: „Ich hoffe sehr, dass Karsten M. gefunden wird.“

Sollte das der Fall sein, bittet der Polizist darum, sofort die Polizei zu verständigen: „Damit keine Spuren vernichtet werden.“