Berlin. Israel führt in Gaza Krieg gegen die Hamas. Mit der Offensive in Rafah müsste er enden. Warum der Konflikt immer wieder neu ausbricht.

  • Die Eskalation in Nahost geht weiter
  • Israel stürmt Gaza – es ist der Gegenschlag zum Überfall der Hamas am 7. Oktober
  • Der Krieg ist eine humanitäre Katastrophe
  • Worum geht es in dem Streit?

Israels Armee bereitet sich darauf vor, Rafah zu stürmen. Im Süden von Gaza ist es die Grenzstadt zu Ägypten. Die Operation sollte der Schlusspunkt der Offensive sein, die im Oktober 2023 im Norden des Gazastreifens ihren Anfang genommen hatte.

Die vermeintlich letzte Phase ist überaus heikel, weil laut Hilfsorganisationen mittlerweile rund 1,5 Millionen Menschen hier leben; in einer Stadt, wohlgemerkt, die ursprünglich 300.000 Einwohner zählte. Die Armee bereitet eine Evakuierung der Zivilisten vor.

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Krieg Israel-Gaza: Feuerpause? Waffenstillstand?

In Katar soll zwischen Israel und der radikal-islamistischen Hamas verhandelt werden. Doch längst hat der Fastenmonat Ramadan begonnen, ohne dass sich die Hoffnung auf eine Feuerpause erfüllt hätte.

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Eigentlich ist Gaza ein Randproblem, geografisch sowieso. Wie konnte es passieren, dass der Streifen an der Mittelmeerküste zum Brennpunkt wurde?

Der Anlass für die israelische Bodenoffensive war der Terrorangriff der Hamas auf den jüdischen Staat am Morgen des 7. Oktober 2023, bei dem viele Geiseln genommen wurden. Die Ursachen des Konflikts reichen jedoch weit zurück.

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Kampf um Gaza: Die Wurzeln des Konflikts

Nach dem Ersten Weltkrieg erteilte der Völkerbund, die Vorläuferorganisation der Vereinten Nationen, Großbritannien das Mandat über Palästina. Weil Juden in die Gebiete strömten, kam es zu Spannungen mit der arabischsprachigen Bevölkerung.

1947 beschlossen die Vereinten Nationen, das Gebiet zu teilen: einen Staat für die Juden, einen für die arabische Bevölkerung. Die arabische Bevölkerung und viele Nachbarstaaten lehnten die Teilung ab. Es kam zum ersten arabisch-israelischen Krieg.

Israelische Soldaten patrouillieren in einem Gebiet an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen.
Israelische Soldaten patrouillieren in einem Gebiet an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. © DPA Images | Ilia Yefimovich

Streit um den Gazastreifen: Hamas will keine Aussöhnung

Israel konnte sich behaupten. Aber Jordanien annektierte das Westjordanland, und Ägypten griff sich einen 40 Kilometer langen Streifen am Mittelmeer: Gaza. Bis Israel 1967 im Sechstagekrieg die Gebiete eroberte.

Das Osloer Friedensabkommen sah 1993 vor, dass den Palästinensern großteils die Autonomie in den israelisch besetzten Gebieten überlassen wird. Ministerpräsident Ariel Sharon übertrug ihnen in den Folgejahren die Kontrolle über Gaza ganz; zog seine Soldaten zurück und räumte israelische Siedlungen dort.

Pulverfass Gaza: Viele Kriege, keine Perspektive

Doch durch den Rückzug wurde die radikale Widerstandsbewegung Hamas zum Machtfaktor. Eine Gruppe, die jede Aussöhnung mit Israel ablehnt, während der jüdische Staat sich mit seinen einstigen Kriegsgegnern arrangierte, mit Ägypten und Jordanien.

Die Hamas will keinen Ausgleich und ist eine Dauerbedrohung für den israelischen Staat. Die Region blieb ein Pulverfass. Allein in den letzten 20 Jahren kam es zu vier größeren Gazakriegen 2008, 2012, 2014 und 2021. Der längste davon endete nach 21 Tagen.

Der Gazastreifen: Wie wurde dieser schmale Streifen Land zum Brennpunkt im Nahen Osten?
Der Gazastreifen: Wie wurde dieser schmale Streifen Land zum Brennpunkt im Nahen Osten? © dpa | dpa-infografik GmbH

Weder Zaun noch Iron Dome brachten Israel absolute Sicherheit

Die Israelis ertrugen gelegentliche Nadelstiche, zogen einen Hightech-Zaun um den Streifen und spannten einen Abwehrschirm, den Iron Dome, der sie gegen die meisten Raketenangriffe schützte. Sie glaubten, die Lage unter Kontrolle zu halten, und verteilten großzügiger denn je Arbeitserlaubnisse für Menschen aus dem Gazastreifen. Sie übersahen, dass die Hamas einen Angriff vorbereitet, technologisch wie militärisch aufgeholt hatte.

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Jede Militäraktion gegen die Hamas hat sie geschwächt – jedoch nicht erledigt. Diesmal will Premier Benjamin Netanyahu „bis zum Sieg weitermachen“. Am Ziel hat sich nichts geändert, wiewohl es auch in Israel Widerspruch gibt. Die Freilassung der Geiseln hat für viele Vorrang.

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Kein Plan für die Zeit danach?

Verteidigungsminister Yoav Gallant legte einen Plan für die Zeit nach dem Krieg vor. Dann soll es weder „weder Hamas“ noch eine „israelische Zivilverwaltung“ geben. Anders als die USA sieht Israel auch nicht die von der Organisation Fatah dominierte Palästinensische Autonomiebehörde (PA) am Zuge. Offen ließ Gallant, wer die Nachkriegsakteure seien sollen.

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Im Laufe des Krieges kam es zu weiteren Konfliktlinien. Mal übte Israel Kritik am Roten Kreuz, mal an der UNO, zumal Vorwürfe laut wurden, dass UN-Mitarbeiter sich am Massaker der Hamas beteiligt hätten. Es sind Organisationen, die man eigentlich braucht. Macht Israel Halt? Wird die Hamas besiegt? Wer sichert den Wiederaufbau? Letztlich gibt es mehr Fragen als Antworten.

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