Brüssel. Endlich ist die Blockade in der Migrationspolitik beendet: Warum die EU-Asylreform so wichtig ist – auch wenn sie Schwächen hat.

Seit unglaublichen acht Jahren wird in der Europäischen Union über eine Reform des überforderten Asylsystems gestritten. Nach Expertenschätzungen sind in dieser Zeit 25.000 Migranten bei der gefährlichen Überfahrt übers Mittelmeer nach Europa ums Leben gekommen. Jetzt endlich ist die Blockade in der Migrationspolitik beendet: Die EU-Staaten haben sich auf einen Plan verständigt, wie der Flüchtlingsstrom gesteuert und irreguläre Einwanderung begrenzt werden kann. Noch steht die finale Einigung mit dem EU-Parlament aus, aber die Richtung ist klar: Wer überhaupt keinen Anspruch auf Flüchtlingsschutz geltend machen kann, sollte sich künftig erst gar nicht auf den riskanten Weg in Europas Asylsystem machen – wer tatsächlich verfolgt wird, bekommt weiterhin Schutz.

Christian Kerl, EU-Korrespondent.
Christian Kerl, EU-Korrespondent. © Funke | Privat

Der Durchbruch mit Asylverfahren teils schon an den Außengrenzen ist auch ein Erfolg der Bundesregierung. Dass ein Teil der Grünen-Spitze im Nachhinein Protest anmeldet, ist billiges Theater, um die eigenen Anhänger zu beruhigen. Die Grünen wussten seit Monaten, was in Brüssel mit Berliner Unterstützung vorbereitet wurde - die Kritiker in der Partei, die sich jetzt so empören, hätten es mit einem Veto beizeiten verhindern können, wenn sie gewollt hätten.

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Asylreform: Eine endgültige Lösung ist der Beschluss nicht

Das heißt nicht, dass alle Einwände gegen die Reform vollkommen falsch wären: Der Asylkompromiss ist ein gemeinsamer Schritt der EU-Staaten in die richtige Richtung, eine endgültige Lösung ist er nicht. Der Beschluss hat seine Schwächen, einiges dürfte den Praxistest nicht bestehen.

Das komplizierte System wird sowieso nur funktionieren, wenn alle Mitgliedstaaten fair bleiben und sich, anders als bisher in der Asylpolitik, an die neuen Regeln halten. Sicher ist das nicht. Dass Polen, Ungarn und andere schon wieder auf den Barrikaden sind, ist mehr als ein Schönheitsfehler. Deutschland kann deshalb zwar auf Entlastung bei den Flüchtlingszahlen hoffen – darauf bauen sollte man besser noch nicht. Doch ohne Reform würden sich die skandalösen Missstände an Europas südlichen Grenzen weiter verschärfen, Kontrollen auch an den Binnengrenzen des Schengenraums wären eine Folge. Das können auch die Kritiker der EU-Beschlüsse nicht wollen.