Wolfsburg. US-Monitor Larry Thompson und VW-Rechtsvorständin Hiltrud Werner stellten in Wolfsburg den Zwischenbericht zur Aufarbeitung des Abgas-Betrugs vor.

Volkswagen kommt bei der internen Aufarbeitung des Abgas-Betrugs offenbar gut voran. Der am Mittwoch in Wolfsburg vorgestellte zweite Zwischenbericht des US-Juristen Larry Thompson weist aus, dass von April 2018 bis April 2019 keine neuen Verstöße des Autobauers gegen Auflagen der US-Behörden festgestellt wurden. Im ersten Jahr seiner dreijährigen Tätigkeit in Wolfsburg registrierte Thomp-son noch zwei Verstöße. Er und sein Team überwachen im Auftrag der US-Justiz die Bewältigung des Abgas-Betrugs. Sie sollen zudem sicherstellen, dass sich ein ähnlicher Fall nicht wiederholt.

Zu einzelnen Ergebnissen seiner Untersuchungen oder Details seiner Arbeit äußerte sich Thompson mit Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht. Er unterstrich aber, dass er völlig unabhängig arbeite und das abschließende Ergebnis seiner Tätigkeit bei VW erst im nächsten Jahr vorstellen werde.

Thompson machte zudem deutlich, dass der Wolfsburger Autobauer weiter an seinen Strukturen arbeiten müsse – trotz des guten Zwischenberichts. Sollte er im dritten und letzten Jahr in Wolfsburg wieder Auffälligkeiten feststellen, müssten sich die US-Behörden „dieser Sache annehmen“. Thompson: „Ich habe nicht gesagt, dass alles in Ordnung ist bei VW.“

Hiltrud Werner, VW-Konzern-Vorständin für Integrität und Recht, bewertete den Zwischenbericht sachlich. Es sei dem Unternehmen gelungen, die wichtigen Veränderungen „wie vereinbart umzusetzen“. Sie verhehlte nicht, dass es zwischen ihren Mitarbeitern auf der einen Seite und dem Team Thompsons auf der anderen Seite durchaus Meinungsverschiedenheiten und Reibereien gebe. Es sei aber stets gelungen, tragfähige Lösungen zu finden. „Es ist im Interesse unseres Unternehmens, Empfehlungen des Monitors bestmöglich umzusetzen“, sagte Werner. Tausende Mitarbeiter seien „Tag und Nacht“ damit beschäftigt.

Der dritte und abschließende Bericht, den Thompson im Sommer nächsten Jahres vorstellen will, werde dann zeigen, ob Volkswagen alle Auflagen erfüllt habe. Werner gab sich aber zuversichtlich: VW sei „ein anderes, ein besseres Unternehmen“ geworden. Das Unternehmen habe den Anspruch, Vorbild bei Integrität, Rechts- und Regeltreue (Compliance) zu werden.

„Idealerweise versteht jeder Manager bei Volkswagen, dass Compliance genau wie Mitarbeiterführung oder Budgettreue zu seinen oder ihren Kernaufgaben gehört“, sagte Werner. Bis 2025 wolle der Autobauer alle rund 650.000 Mitarbeiter erreichen. In den vergangenen zwei Jahren sei das Ressort Compliance personell kräftig aufgestockt worden. Allein in Wolfsburg arbeiteten inzwischen 140 Beschäftigte.

Mit Unterstützung des US-Monitors soll Volkswagen Strukturen aufbauen, die künftig Rechtsüberschreitungen wie beim Abgas-Betrug vermeiden sollen. Werner berichtete, dass im ersten Jahr unter Begleitung Thompsons – vom Frühjahr 2017 bis zum Frühjahr 2018 – entsprechende Strukturen entwickelt oder angepasst wurden.

Im zweiten Jahr seien die neuen Prozesse über die verschiedenen Konzern-Marken und -Gesellschaften ausgerollt worden. Im dritten Jahr, das im Frühjahr begonnen hat, soll nun Routine im Umgang mit den neuen Prozessen und Strukturen erlangt werden.

Werner nannte eine Vielzahl von Veränderungen, die bei VW eingeführt worden seien. So sei etwa ein Netzwerk mit 600 „Integritätsbotschaftern“ aufgebaut worden, die die neuen Werte über eine Art Schneeballsystem im Unternehmen verbreiten sollen. Nach Angaben Werners handelt es sich dabei nicht um Führungskräfte. Mitarbeiter könnten sich stattdessen um die Position des Integritätsbotschafters bewerben und würden bei Eignung umfassend geschult.

Nach ihren Angaben haben im vergangenen Jahr 400 Top-Manager und Vorstände und damit 98 Prozent aller Top-Führungskräfte des Konzerns an Schulungen teilgenommen. Dabei sollen „Machtdistanzen“ im Konzern abgebaut und eine offene „Kritik-Kultur“ gefördert und gelebt werden.

Werner berichtete, dass sich das Hinweisgebersystem bewährt habe. Dort können Mitarbeiter Auffälligkeiten melden. Nach Angaben eines VW-Sprechers sind im vergangenen Jahr konzernweit mehr als 2000 Hinweise eingegangen. Anfangs hätten nur 15 Prozent der Hinweisgeber ihren Namen genannt, inzwischen seien es mehr als 90 Prozent, sagte Werner. Das zeige einerseits, dass die Mitarbeiter dem System vertrauten, erleichtere es VW andererseits, die Ermittlungen zielgerichtet zu führen.

VW-Manager seien verpflichtet, jeden Hinweis auf einen Regelverstoß zu melden, sonst verstießen sie selbst gegen die Regeln. Werner: „Festgestelltes Fehlverhalten sanktionieren wir konsequent und angemessen.“ Die Mitarbeiter würden über diese Konsequenzen anders als in der Vergangenheit gezielt informiert, um deren Bewusstsein zu schärfen, dass Fehlverhalten geahndet werde. Nach Angaben Werners hat Volkswagen allein im ersten Quartal des laufenden Jahres konzernweit 903 Mitarbeiter wegen Fehlverhaltens abgemahnt, 204 seien entlassen worden.