Der Themenpark von VW verkündete nach dem schweren Unfall eines Kleinkinds das Ende der Laufbänder auf der Stadtbrücke. Die Videos sind gesichtet.

Wolfsburg Nach dem dramatischen Unglücksfall auf der Stadtbrücke, bei dem ein dreijähriger Junge stürzte und seine Kapuze in die Laufband-Anlage geriet, hat die Autostadt Wolfsburg drastische Konsequenzen gezogen: Die Bänder bleiben abgeschaltet – für immer! Inzwischen hat die Polizei das Videomaterial der Autostadt gesichtet.

Das Kleinkind, das aus noch ungeklärten Gründen per Tretroller auf dem ersten Laufband in Richtung Innenstadt unterwegs war, erlitt nach dem Sturz schwere Verletzungen, wie Polizeisprecherin Melanie aus dem Bruch bekanntgab: Seine Kapuze verfing sich am Ende des Laufbands darin, wodurch der Dreijährige gewürgt wurde.

Kleinkind durch Sicherheitsmann der Autostadt wiederbelebt

Obwohl ein an der Stadtbrücke postierter Sicherheitsmann der Autostadt am Freitag vor einer Woche kurz nach 19 Uhr offenbar schnell zur Stelle war und das Kind wiederbelebte, bevor der Notarzt übernahm, muss der Kleine weiter in der Wolfsburger Kinderklinik behandelt werden. Das sagte die Polizeisprecherin auf Nachfrage. Zu seinem Gesundheitszustand machte sie keine Angaben.

Die Polizei geht auch mit fortschreitenden Ermittlungen weiter von einem Unglücksfall aus und schließt Fremdverschulden aktuell aus. Also beispielsweise ein technisches Versagen der Laufband-Technik, die dafür sorgen soll, dass das Band bei einem Zwischenfall automatisch stoppt – ohne dass die Nottaste oder die Notbremse betätigt werden muss.

Autostadt in Wolfsburg hat weitreichenden Entschluss gefasst

Trotzdem hat die Autostadt einen weitreichenden Entschluss gefasst, wie die Pressestelle auf Anfrage unserer Zeitung Anfang der Woche mitteilte: „Wir haben uns dazu entschlossen, die Laufbänder nicht wieder in Betrieb zu nehmen. Sicherheit geht vor Komfort.“

„Alle Laufbänder verfügen über Sicherheitsmechanismen, die sie sowohl automatisch als auch durch manuelle Auslösung sofort zum Stoppen bringen. Auf der Stadtbrücke sind darüber hinaus Verbotsschilder angebracht, die ein unsachgemäßes Nutzen der Laufbänder verbieten“, erklärte die Autostadt zu den Sicherheitsmaßnahmen. Als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung sei auf der Stadtbrücke ein Sicherheitsmitarbeiter postiert, der Hilfe leisten könne.

Letzte Prüfung der Laufbänder auf der Stadtbrücke im Herbst

Wegen der laufenden polizeilichen Ermittlungen lehnte die Autostadt eine Stellungnahme zum Unfallhergang ab. Sie versicherte aber, dass die Laufbänder regelmäßig mehrmals jährlich gewartet und untersucht würden; zusätzlich gebe es einmal im Jahr eine Sachverständigen-Prüfung (SV). „Die letzte SV-Untersuchung fand am 24. Oktober 2022 statt, bei der keine sicherheitsrelevanten Mängel festgestellt worden sind und die Laufbänder als betriebssicher eingestuft wurden.“

Aber all das hält die Autostadt nach dem jüngsten schweren Laufband-Unfall offenbar nicht mehr für ausreichend. 2014 beispielsweise hatte sich der Schal eines zehnjährigen Mädchens in der Anlage verfangen, es wurde wie jetzt der Dreijährige stranguliert. Schon zuvor gab es zwei ähnliche Vorfälle.

„Trotz aller getroffenen Sicherheitsvorkehrungen geht bei einer unsachgemäßen Nutzung einer technischen Einrichtung eine gewisse Gefahr davon aus. Dabei kann es bedauerlicherweise zu Unfällen kommen“, konstatierte der Themenpark von Volkswagen. „Deshalb ergreifen wir Maßnahmen, die über die bereits hohen Sicherheitsstandards hinausgehen.“ Das heißt: Die Bänder stehen still, unwiderruflich. Und dann? „Stattdessen werden wir die Stadtbrücke zeitgemäß und damit auch nachhaltig und ökologisch umgestalten.“

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Gutachter checkte Laufband-Anlage auf der Stadtbrücke

Am Mittwoch war nach Angaben der Polizeisprecherin ein Gutachter auf der Stadtbrücke, der die Laufbänder überprüfte – im Beisein von Polizei und Hersteller. Beauftragt worden sei er kurz nach dem Unglück von der Autostadt, die Staatsanwaltschaft habe aber keine Bedenken gehabt, da es sich um einen unabhängigen Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle handele, die man ebenfalls beauftragt hätte.

Was bei der Überprüfung herauskam, dazu konnte die Sprecherin auch am Freitag noch nichts zu sagen. Der ermittelnde Kollege warte auf die Ergebnisse der Begutachtung. Bis diese vorliegen, könne es noch etwa eineinhalb Wochen dauern. Eine der Fragen, die es zu beantworten gilt: Stoppte das Laufband nach dem Unfall des kleinen Jungen so schnell, wie es die Vorschriften vorsehen?

Polizei hat Videomaterial der Autostadt ausgewertet

Bereits vor der Überprüfung hatten die Ermittler der Polizei von der Autostadt Videomaterial bekommen. Ob die Aufnahmen den Unfallhergang zeigen, war zunächst nicht klar. Inzwischen seien sie ausgewertet, berichtete Melanie aus dem Bruch am Freitag. Nun steht fest: „Der Unfallhergang ist auf den Videos nicht zu erkennen.“

Noch offen ist, inwieweit Zeugenaussagen weiterhelfen können. Ob beispielsweise die Mutter des verunglückten Jungen aus Wolfsburg schon befragt werden konnte, dazu vermochte die Polizeisprecherin nichts zu sagen. Ebenfalls keine Angaben machen konnte sie dazu, ob zum Zeitpunkt des Unfalls weitere Passanten auf der Stadtbrücke unterwegs waren, die möglicherweise etwas mitbekommen haben.

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