Braunschweig. Wegen vermehrter Blaualgen-Aufkommen müssen sich Badegäste an einigen Orten in Niedersachsen in Acht nehmen – auch im Harz.

Wegen des vermehrten Aufkommens von Blaualgen sollten Badegäste und Ausflügler an einigen Badestellen in Niedersachsen besonders aufmerksam sein. Aktuell gilt an fünf Orten im Land ein Badeverbot, wie das Landesgesundheitsamt in Hannover auf Anfrage mitteilte. Demnach ist an drei davon das Baden wegen Cyanobakterien, also Blaualgen, untersagt.

Betroffen sind der Gartower See im Wendland und der Juessee in Herzberg am Harz, dazu der Hämelsee in Anderten, der Sulinger Stadtsee und der Laascher See im Kreis Lüchow-Dannenberg. Für viele weitere Badestellen, auch an Niedersachsens großen Binnenseen, dem Zwischenahner Meer, dem Steinhuder Meer und am Dümmer, gelten zudem Warnhinweise.

Herzberger Juessee ist momentan grützegrün – und fängt langsam an, braun zu werden

Der Herzberger Juessee – er ist sehr alt (8000 Jahre), sehr tief (knapp 30 Meter) und sehr, sehr beliebt bei Ausflüglern. Tretboot, Angeln und natürlich Baden, vor allem im Freibad am östlichen Ufer. In diesem Sommer allerdings ist weder ans Erspähen sagenhafter Schlösser auf dem Grund des Sees noch ans Baden auch nur zu denken.

Der See ist grützegrün. „Er fängt sogar langsam an, braun zu werden“, sagt die Fachbereichsleiterin der Stadt Herzberg, Kerstin Bührmann. „Und wahrscheinlich wird sich bald auch dieser typische faulige Geruch entwickeln“, fügt sie an. Man lasse weiterhin tapfer wöchentlich das Wasser untersuchen und die Werte den Gesundheitsbehörden zukommen. „Aber sagen wir’s mal so: Ich würde mich nicht wundern, wenn die Saison hier für uns so ziemlich gelaufen ist.“

Badegäste blicken auf die Blaualgen, die im Gartower See schwimmen. Bei hochsommerlicher Hitze lockt eine Abkühlung im See - doch wegen vermehrten Blaualgen-Aufkommen müssen sich Badegäste an einigen Orten in Niedersachsen vor dem Sprung ins Nass in Acht nehmen.
Badegäste blicken auf die Blaualgen, die im Gartower See schwimmen. Bei hochsommerlicher Hitze lockt eine Abkühlung im See - doch wegen vermehrten Blaualgen-Aufkommen müssen sich Badegäste an einigen Orten in Niedersachsen vor dem Sprung ins Nass in Acht nehmen. © dpa | Philipp Schulze

Badeverbot, Gesundheitsgefahr für Fisch, Mensch und arglos trinkende Pinscher, dazu der Anblick, der Gestank: Natürlich ist das alles unschön. Aber ist das alles eigentlich natürlich? Erst einmal fällt auf: Die Blaualgenprobleme sind eine Alle-Jahre-wieder-Story. Es ist kein Novum, dass sehr viele Gewässer im Land gar keine problematischen Werte aufweisen, dass zugleich jedoch einige Seen auf der Badeverbotsliste des Landesgesundheitsamtes stehen. „Ich möchte nicht ausschließen, dass die Liste in den kommenden Tagen und Wochen noch länger wird“, sagt Dr. Holger Scharlach vom Landesgesundheitsamt unserer Zeitung, „wir wissen ja, wie die Wetterlage ist.“

Das sagt ein Mikrobiologe aus Braunschweig zu den Blaualgen

Aha, also doch die Wetterlage? Nun, ganz so einfach ist das nicht mit den Blaualgen, die übrigens weder blau noch Algen sind. Der Mikrobiologe Prof. Dieter Jahn von der TU Braunschweig spricht bezüglich der Cyanobakterien, um die es hier entscheidend geht, vor allem von Nährstoffen, von Eutrophie. Das Fremdwort meint hier den Zustand eines Gewässers, wenn die Menge an Stoffen wie Stickstoff- und Phosphorverbindungen den Sauerstoffgehalt maßgeblich verändern. Das hat mit Düngemitteln zu tun, womöglich auch mit Waschmittelresten oder zu geringem Zufluss etwa aus Bächen und wird durch Hitzewellen und geringe Niederschlagsmengen direkt und indirekt sozusagen gefördert.

„Wir beobachten solche Algenblüten seit vielen, vielen Jahren“, sagt Jahn, „derlei ist nicht so ungewöhnlich, womit ich nicht gesagt haben möchte, dass es ungefährlich ist.“ Man solle, sagt der Mikrobiologe, deshalb gut darauf achten, ob das Wasser schlierig-schleimig ist.

Das ist die Faustregel bei Blaualgen in Seen

Holger Scharlach vom Gesundheitsamt ergänzt, er halte viel von der folgenden Faustregel: Wenn das Wasser so trübe ist, dass man im knietiefen Wasser die eigenen Füße nicht mehr sieht, dann sei das Baden auf keinen Fall empfehlenswert. Das gelte auch dann, auch wenn klassische, wolkenartig verteilte Algenteppiche nicht zu erkennen sind. Denn die Gefahr, so sagen das alle Experten immer mit dem Zusatz, nicht dramatisieren zu wollen, sei durchaus real.

Blaualgen können Hautreizungen hervorrufen, manchmal auch verzögert, wenn sich Cyanobakterien in der Badesachen verfangen haben. Auch kleine Kinder, die in flachen Uferzonen spielen, sind durchaus gefährdet. Beim Verschlucken des Wassers können die Bakterien generell Schwindel und Erbrechen verursachen, zuweilen mehrere Tage lang. Das wiederum hat mit den Giftstoffen zu tun, die von den Bakterien gebildet und zum Teil im menschlichen Körper nicht abgebaut werden können. Und auch nicht in dem von Hunden, wie der Mikrobiologe Jahn ergänzt: „Mein dringender Appell ist, dass Hundebesitzer aufpassen, dass ihr Hund nicht aus einem betroffenen See Wasser trinkt. Das tun die nämlich unter Umständen – und die Folgen können böse sein, bei Tieren bis hin zur tödlichen Vergiftung.“

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Und wo bleibt das Positive? Immerhin ist hervorzuheben, dass die großen und besonders beliebten Badeseen in der Region Braunschweig-Wolfsburg von der Blaualgenmisere aktuell nicht betroffen sind. Außerdem weist das Landesgesundheitsamt darauf hin, dass sich die Probleme an den betroffenen Seen zumindest manchmal rasch in Luft auflösen.