Vechelde. Doris Fechner hat den Bewohnerchor im Pflegewohnstift in Vechelde gegründet und trifft sich einmal pro Woche ehrenamtlich mit den Senioren.

Doris Fechners Mutter war bei der Eröffnung des CMS Pflegewohnstifts in Vechelde im Landkreis Peine vor fast sieben Jahren die erste Bewohnerin. Beide teilten dieselbe Leidenschaft: den Chorgesang. Die Mutter gehörte 60 Jahre lang Chören an. Tochter Doris Fechner war Grund- und Hauptschullehrerin, leitete über 30 Jahre lang Schulchöre. Was lag näher, als in der Pflegeeinrichtung den „Chor mit Schwung“ zu gründen. Gesagt, getan. Die Mutter sang, die Tochter leitete den Bewohnerchor an. Im Jahr 2020 starb die Mutter. Deshalb die Leitung des Chores aufzugeben, kam für Doris Fechner nicht infrage. Die 69-Jährige blieb, denn „über die Jahre sind echte Freundschaften entstanden“.

So engagiert sich Doris Fechner ehrenamtlich…

Einmal pro Woche – immer freitags für eine Stunde – besucht Doris Fechner das Pflegewohnstift. Bei sich trägt sie ihren Gitarrenkasten, einen Notenständer und Liederhefte. Begleitet wird sie seit vier Jahren von Jutta Fritzsche. Die 74-jährige, ehemalige Kinderpflegerin, unterstützt die Bodenstedterin nicht nur beim Musizieren mit den Bewohnerinnen und Bewohnern. Denn Doris Fechners Ansatz geht über das Singen hinaus. Der Name „Chor mit Schwung“ sagt es schon: „Wir bringen die Chorteilnehmer mit Lockerungsübungen in Bewegung, wir aktivieren ihr Gedächtnis und ihre Konzentration, ihre Atmung und ihre Stimme“, sagt die 69-Jährige.

Das konnte bereits erreicht werden…

Höhepunkte für die Chormitglieder sind die Auftritte bei größeren Festen in der Pflegeeinrichtung – Karneval, Maibaumfest, Weihnachtsfeiern, Frühlings- und Sommerfeste. „Inzwischen ist es Tradition, dass der Chor zu Beginn jeden Festes drei Lieder vorträgt, passend zum jeweiligen Motto“, erzählt Doris Fechner. Erfreulich, so die Initiatorin: Die Teilnehmer kommen inzwischen aus allen Wohnbereichen – vom Demenzbereich bis zum betreuten Wohnen.“

Mit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 endete das Chorsingen von einer Woche auf die nächste. Niemand durfte mehr das Heim betreten. „Eine harte Zeit für uns alle“, sagt Doris Fechner. Und so entstand im Sommer 2020 die Idee des Balkon-Singens. Die Bewohner sangen an geöffneten Fenstern und auf Balkonen stehend, während Doris Fechner vom Fußweg vor dem Gebäude den Takt vorgab – zumindest so lange, wie das Wetter mitspielte. Seit August 2021 trifft sich der Bewohnerchor wieder in der Einrichtung. Den Corona-Regeln gehorchend darf nicht gesungen, nur gesummt werden.

Das war der bisher bewegendste Moment…

Doris Fechner muss nicht lange überlegen. „Eine Bewohnerin saß im Rollstuhl. Sie nahm regelmäßig an unseren Chor-Nachmittagen teil. Aber sie sprach nicht, kein Wort. Eines Tages redete sie mich an und sagte: 'Ich kenne jedes Lied, das hier gesungen wird'.“ Doris Fechner kämpft noch heute mit ihren Emotionen. „Es war so schön. Diese Frau ist durch unsere Musik aus ihrer Lethargie aufgewacht. Nicht einmal ihre Tochter ahnte damals, dass die Frau noch sprechen kann.“

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