Rheda-Wiedenbrück. In Zeiten der Corona-Pandemie kommt die Schlachthofbranche mit ihrem Werkarbeiter-System nicht aus den Schlagzeilen.

Das System der Werkarbeit in der deutschen Schlachthofbranche ist in den vergangenen Wochen verstärkt in die Kritik geraten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will es in der gegenwärtigen Form sogar ab kommendem Jahr verbieten.

Am Donnerstag stellen verschiedene Kritiker in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh) ein Buch zu diesem System der Werkarbeit vor: „Das Schweinesystem“ lautet der Titel.

Großes Aufmerksamkeit wegen Corona-Pandemie

In ihm kritisieren unter anderem der katholische Pfarrer Peter Kossen, der niedersächsische Gewerkschafter Matthias Brümmer oder Tierrechtsaktivistin Christin Bernhold aus Hamburg das System, in den Schlachthöfen Arbeitsmigranten nicht als Festangestellte zu beschäftigen, sondern sie in den meisten Unternehmen nur über Subunternehmer an den Schlacht- und Zerlegebändern arbeiten zu lassen.

Obwohl das Thema in Deutschland schon seit vielen Jahren kritisch diskutiert wird, hat es durch die Corona-Pandemie zuletzt wieder große Aufmerksamkeit gewonnen. Nachdem vor einigen Wochen in Coesfeld (NRW) und Dissen (Kreis Osnabrück) Werkarbeiter in großer Zahl mit Corona infiziert waren, ist aktuell der Schlachthof von Branchenführer Tönnies in Rheda-Wiedenbrück von einem Corona-Ausbruch mit 396 positiv Getesteten betroffen. In dem Kreis schließen bis zu den Sommerferien alle Schulen und Kindergärten.

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Unterkünfte vom Gesundheitsamt geprüft

Niedersachsen, neben NRW auch eine Hochburg der Fleisch- und Schlachthofindustrie in Deutschland, hatte nach den Corona-Fällen einer Westfleisch-Tochter in Dissen angeordnet, sämtliche Arbeitskräfte in der Fleischindustrie des Landes auf Corona testen zu lassen.

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Dabei wurden bislang (Stand Mittwoch) bei 15.335 Mitarbeitern 157 Menschen positiv auf Corona getestet: 154 in Dissen, 2 Mitarbeiter im Landkreis Vechta und eine Person im Landkreis Cloppenburg. Auch die Unterkünfte der Werkarbeiter seien von den Gesundheitsämtern überprüft worden, die dort keine krankmachenden Mängel festgestellt hätten, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Regelmäßige Tests notwendig

Peter Kossen ist dennoch überzeugt, dass nach wie vor die Unterkünfte inakzeptabel sind: „Die Tests sind nur eine Momentaufnahme, die Leute können jederzeit krank werden.“ Das zeige das Beispiel von Tönnies, wo es bis vor einigen Tagen auch keine Hinweise auf Corona-Infektionen gab. Notwendig seien regelmäßige Tests im Zweiwochenabstand. dpa