Ein Leser kritisiert, dass ein Leserbrief eines AfD-Schulpolitikers veröffentlicht worden ist, der Schulstreiks fürs Klima ablehnt.

Leser Andreas Meyer aus Wedtlenstedt schreibt zum Leserbrief „Schüler gehören in die Schule“ auf der Leserseite vom 29. Januar:

Da schreibt offensichtlich ein Kreistagsabgeordneter der AfD – ohne sich als solcher zu outen – einen Leserbrief, und man steht davor und kann den hetzerischen Ton nicht verkraften. Es heißt unter anderem: „Sie (Greta Thunberg) handelt offensichtlich mit dem Anspruch, ernst genommen zu werden mit ihrer geringen Sachkenntnis und Lebenserfahrung, die sie mit ihren 16 Jahren hat. Trotzig, wie es bei einem pubertierenden Mädchen in ihrem Alter nicht ungewöhnlich ist, verlangt sie, dass die Erwachsenen wegen ihrer nachgebrabbelten Aussagen in Panik geraten.“

Soll man sich wehren und damit der AfD die Plattform geben, die sie sucht oder gewähren lassen und das Ungeheuerliche tot schweigen? Beides ist falsch. Die Frage, die sich mir eher stellt, ist, warum bin ich in der Situation?

Würde hinter Bernd Jakubowski, Vechelde, der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Peiner AfD-Kreistagsfraktion stehen, hätte ich die Gewissheit, dass auch nicht Eingeweihte diesen Leserbrief als das identifizieren könnten, was er ist: Meinungsmache der AfD und nicht die Äußerung eines besorgten Lesers. Das würde an der Unterstellung der Inkompetenz von Greta Thunberg – geringe Sachkenntnis und Lebenserfahrung eines pubertierenden Mädchens, das Aussagen nachbrabbelt – nichts ändern, aber ich wüsste, wes Geistes Kind dahinter steckt. Und es geht bei dem Leserbrief auch nicht um das Fernbleiben vom Unterricht, sondern um platte Diffamierung einer Idee und einer Person. Da, wo es wie bei der AfD keinen Klimawandel gibt, braucht man auch nicht protestieren. Heute gegen den Klimawandel, morgen gegen den Rassismus – eine größere Sorge kann es bei der AfD nicht geben.

Der Ombudsrat schreibt:

Leser Andreas Meyer verweist auf den seiner Meinung nach hetzerischen Ton des Leserbriefes („Sie handelt offensichtlich ….“) sowie die seiner Meinung nach allein beabsichtigte Diffamierung der Person Greta Thunberg und ihrer Ideen, (geschickt) verpackt in die Aussage, dass Schüler während der Unterrichtszeit nicht (für politische Anliegen) demonstrieren dürfen. Er weist darauf hin, dass es sich bei dem Leserbriefschreiber möglicherweise um einen Mandatsträger der AfD handelt.

Die Vermutung des Lesers Meyer ist zutreffend: Der Leserbriefschreiber Bernd Jakubowski ist der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Peiner Kreistag. Er vertritt seine Partei unter anderem im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport. Er muss somit für die Redaktion in die Kategorie eines Funktionsträgers fallen, dessen Leserbriefe dann nicht veröffentlicht werden dürfen, wenn sie inhaltlich in Zusammenhang zu seiner politischen Funktion stehen. Dies ist hier der Fall: Ein Schulpolitiker auf Kreisebene schreibt über streikende Schüler. Eine Veröffentlichung wäre unterblieben, wenn die Leserredaktion in Braunschweig Kenntnis vom Mandat Bernd Jakubowskis gehabt hätte. Gewiss ist es für die Redaktion keine einfache Aufgabe, neben den bekannten Abgeordneten auf Bundes- und Landesebene auch Kommunalpolitiker in Gemeinde- und Stadträten sowie den Kreistagen zu identifizieren. Allerdings ist die Recherche im Internetzeitalter um einiges einfacher als noch vor Jahren.

Auf rein inhaltlicher Ebene ist festzustellen, dass der Leserbrief die Grenze der Verunglimpfung nicht überschreitet. Er beinhaltet eine scharf formulierte kritische Auffassung gegenüber einer Person der Öffentlichkeit und deren Auffassung zu einem kontrovers diskutierten Thema, so dass die Veröffentlichung nicht zu beanstanden wäre, wenn hinter ihr kein politischer Mandatsträger stünde Leserbriefe geben die unterschiedlichen Meinungen der Leser wieder, erzeugen Reibung und dienen auch zur Meinungsbildung. Gerade die für einen pensionierten Pädagogen und aktiven Schulpolitiker sehr rigide Auffassung zu fehlenden Fähigkeiten von Jugendlichen wird bei kritischen Lesern Ansatzpunkte zur Auseinandersetzung mit divergierenden Meinungen führen.