„Jetzt muss gehandelt werden, ob man will oder nicht. Das gilt für Politik und Wirtschaft gleichermaßen.“

Lange glaubten selbst Topmanager von Volkswagen, das Unternehmen könne sich elegant an die Spitze einer bunten und breiten Regenbogenkoalition zum Schutz des Klimas und zur Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte setzen. Doch davon kann keine Rede sein. Das wechselseitige Unverständnis scheint sogar immer größer zu werden.

Über 40 Jahre wurde erbittert über die vom Menschen verursachte Erderwärmung, das Schuldenkonto des Individualverkehrs und die Energie der Zukunft gestritten. Bis vor zehn Jahren fristeten die Organisationen, die schon lange vehement einen radikalen Paradigmenwechsel einforderten, ein Schattendasein. Das Atomunglück im japanischen Fukushima und der hauptsächlich Volkswagen zugeordnete Abgasbetrug änderten die Ausgangslage fundamental.

Jetzt muss gehandelt werden, ob man will oder nicht. Das gilt für Politik und Wirtschaft gleichermaßen. Doch vielen jüngeren Menschen fehlt offenbar der Glaube daran, dass mit dieser Einsicht auch eine ehrliche und faire Neubewertung der Verkehrsmittel stattfinden wird. Sie haben das starke Gefühl, dass die einstige Basisbewegung nun zu einem Elitenprojekt mit gänzlich anderer Intention und großindustrieller Ausrichtung geworden ist. Nur so ist wohl zu erklären, dass Volkswagen weiterhin – und stellvertretend für eine immer noch mächtige Branche – festgezurrt am Pranger steht.

Während sich prominente Grünen-Politiker wie zuletzt Cem Özdemir lobend über die Neuausrichtung der Wolfsburger äußern, sehen freier im Raum schwebende Gruppen die industrielle Kehrtwende mit Argwohn. Ihnen behagt der Gedanke nicht, dass sich am grundsätzlichen kapitalistischen Geschäftsmodell gar nichts ändern soll. In dieser Konstellation ist Dialog kaum möglich, Radikalisierung aber sehr wahrscheinlich.