„Deeskalation ist das Gebot der Stunde.“

Israel unter Raketenbeschuss – die Explosionen und Einschläge haben eine Illusion zerplatzen lassen. Vom alten Nahost-Konflikt schien wenig übrig zu sein, seit immer mehr arabische Staaten Beziehungen zu Israel aufnahmen. Doch die vermeintliche Ruhe, die sich in der Region gleichzeitig ausbreitete, war trügerisch.

In Jerusalem wuchs schon seit Tagen der Zorn. Die Frustration in der arabischen Bevölkerung hat mehr als einen Grund: die erneute Absage der palästinensischen Wahlen und das harte Durchgreifen der israelischen Polizei während des Ramadan. Dazu kamen Provokationen von Siedlern und die bevorstehenden Zwangsräumungen von Häusern in Ost-Jerusalem, in denen palästinensische Familien wohnen. Die radikalislamische Hamas schürte die Wut.

Viele Palästinenser hoffen immer noch, dass der Ostteil Jerusalems einmal Hauptstadt ihres eigenen Staates wird. Das ist inzwischen ein ferner Traum. Doch ohne eine Lösung für Jerusalem ist kein Frieden im Nahen Osten möglich.

Israel hat von arabischer Seite überraschende Anerkennung erfahren. Verhandlungen mit den Palästinensern kamen nicht zustande, weil sie sich die Bedingungen dafür nicht vorschreiben lassen wollten. Doch die Konfliktparteien müssen miteinander reden.

Jetzt wäre es ein Fehler, sich auf das zynische Spiel der militanten Islamisten einzulassen, denen es darum geht, mit ihrem Terror gegen Israel im innerpalästinensischen Machtkampf zu punkten. Deeskalation ist das Gebot der Stunde. Nach Donald Trump sind in den USA die Stimmen der Vernunft wieder vernehmbar. US-Präsident Joe Biden kann sich nun in der Region als ehrlicher Makler beweisen. Die Zeit dafür ist günstig: Die Europäer und die Vereinten Nationen warten nur darauf, mit dem Demokraten im Weißen Haus wieder an einem Strang zu ziehen.