„Der Präsident hat nur ein relativ kleines Fenster der Gelegenheit.“

Für Amerika ist es nicht weniger als eine Revolution. Seit Ronald Reagan haben republikanische Präsidenten alles getan, um die Steuern – vor allem für Reiche – zu senken, die öffentlichen Ausgaben herunterzufahren und soziale Leistungen zu dezimieren. Damit ist unter Joe Biden Schluss. Der Präsident will rund sechs Billionen Dollar lockermachen, um die Corona-Schäden zu beheben. Viele Milliarden sollen in die Förderung von Familien, Kinderbetreuung und Bildung fließen. Nach einer jahrzehntelangen Hochzeit des Neoliberalismus steuert Biden nun radikal gegen. Aus europäischer Sicht ein sozialdemokratisches Projekt. Zweites Tabu, an das er sich heranwagt: Wohlhabende und Firmen werden per Steuererhöhung zur Kasse gebeten. Es geht vor allem um die Schaffung neuer Stellen. Der Präsident weiß, dass Donald Trump 2016 wichtige Bundesstaaten des Mittleren Westens gewonnen hatte, weil dort viele Jobs in Billiglohnländer abgewandert waren.

Ob er sein ehrgeiziges Vorhaben durchbringt, ist aber keineswegs sicher. Die Republikaner legen sich quer. Sollten sie bei den Zwischenwahlen im Kongress 2022 die Mehrheit holen, wäre Biden in seiner Agenda blockiert. 2024 könnte dann wieder ein trumpistischer Kandidat im Weißen Haus sitzen. Der Präsident hat nur ein relativ kleines Fenster der Gelegenheit. Er muss schnell liefern.