Wir schreiben den Monat 16 in einer Pandemie, wie sie die lebenden Generationen hier noch nie erlebt haben. Mit der Bekämpfung gehen Maßnahmen und Verbote einher, die so drastisch sind, dass der politische Fortschritt eines ganzen Jahrhunderts hinweggefegt scheint.

Strenge Kontrollen und Abweisungen an den Grenzen. Kein Zugang für viele Kinder und Jugendliche zum Unterricht in Schulen. Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote für den Großteil der Bürger. Ein Quasi-Verbot der Berufsausübung für Gastronomen, Hoteliers, Veranstalter, Reiseanbieter und viele Künstler.

Man muss das alles so hart auflisten, um die Grundlage für eine ehrliche Debatte zu haben. Eine Debatte, die dringend notwendig ist. Denn alle beschriebenen Eingriffe in die Rechte der Menschen lassen sich nur aushalten, wenn man sich immer wieder deren Notwendigkeit bewusst macht. Und dieses Bewusstsein lässt sich nicht verordnen. Es muss auf Einsicht beruhen und wächst aus einem fairen Diskurs um den Weg.

Genau diese Debatte gerät gerade erschreckend unter die Räder. Es ist offensichtlich: In Deutschland liegen die Nerven blank. Rücksicht, Nachsicht, Höflichkeit und Toleranz haben mit der anhaltenden Pandemie stark gelitten. Immer häufiger setzt sogar der gesunde Menschenverstand aus.

Es ist erschreckend, wenn das Land nicht in der Lage ist, eine ziemlich dämliche Aktion von Künstlern gelassen abzuhaken als das, was sie ist: ziemlich dämlich. Aber deswegen noch lange nicht rechtsradikal und demokratiefeindlich.

Es sind noch ein paar Wochen, bis das Impfen Wirkung zeigt. So lang müssen wir noch durchhalten. Mit mehr Toleranz und Respekt für Mehrheitsentscheidungen, aber auch für ihre Kritiker wird diese Zeit uns weniger schwerfallen.