„Daher wäre es wichtig, den Blick jetzt schon zu weiten über das „Infektionsgeschehen“ hinaus und sich Gedanken zu machen.“

Das Corona-Virus hat eine Krise ausgelöst, die an die Substanz der Gesellschaft geht. Da ist der Entzug von Freiheitsrechten, mit dem immer weniger Bürger leben können. Hinzu kommen Einsamkeit und Todesangst vieler Menschen, besonders Älterer, deren Langzeitfolgen unabsehbar sind. Dann wird eine Krise der Regierenden sichtbar. Sie geht quer durch die Parteien, brutal freigelegt von der Pandemie, die eine neue Art des Handelns erfordert.

Und man muss auch von einer moralischen Krise sprechen, die das Corona-Elend komplett macht. Dabei geht es um rücksichtslose Virus-Leugner und um Politiker, die sich beim Kauf von Masken die Taschen vollgemacht haben und damit alle aufrechten Mandatsträger ins Zwielicht rücken.

Diese Mischung ist gefährlich für die Gesellschaft und kann politische Kultur zerstören. Daher wäre es wichtig, den Blick jetzt schon zu weiten über das „Infektionsgeschehen“ hinaus und sich Gedanken zu machen. Über die Zeit nach der Pandemie, die – wenn Forscher recht behalten – eine Zeit vor der nächsten Pandemie ist.

Wie werden wir künftig arbeiten? Wie beleben wir die Städte? Wie stellen sich Bund und Länder in ihren Kompetenzen neu auf? Welche Managementkapazitäten brauchen wir in Regierungen für diese Lagen und sind unsere Behördenstrukturen dafür wirklich geeignet? Wie viel Vermischung von öffentlichem und privatem Geschäft darf noch sein?

Das sind Fragen, auf die es nach der Pandemie kluge Antworten geben muss, wenn Deutschland gestärkt aus der Krise kommen will.

Diese Neubestimmung ist nichts, was man in Politik und Gesellschaft fürchten sollte. Sie ist Voraussetzung für einen gelungenen Neustart nach Corona. Denn nur mit Jammern und dem Beklagen einer neuen deutschen Unfähigkeit wird gar nichts besser.