Und was, wenn wir gar nicht von ihnen befreit werden wollen?

An der Schwelle zum ersten Corona-Winter sind rund 70 Prozent der Deutschen mit der Pandemie-Politik von Bund und Ländern im Großen und Ganzen einverstanden – immer noch. Trotzdem wollen die Verfasser „corona-skeptischer“ Flugblätter, die zuletzt auch in Braunschweig verteilt wurden, als „Freiheitsboten“ verstanden werden. Und was, wenn wir gar nicht von ihnen befreit werden wollen? Zumindest dann nicht, wenn „Freiheitskampf“ lediglich ein Synonym ist für den Kampf ums vermeintlich gute Recht auf Sorg-und Verantwortungslosigkeit. Dass die Absender mit der Aufmachung des Flugblatts bei unbedarften Lesern den Eindruck erwecken, es handele sich um ein offizielles Schreiben der Bundesregierung, lässt ebenfalls nicht auf eine hohe Gesinnung schließen.

Wer sich den Flyer genauer anschaut, findet darauf den szeneüblichen widersprüchlichen Mix aus „anderen Meinungen“, Hinweisen auf Youtube-Kanäle und „unabhängige Journalisten“. Deren einzig gemeinsamer Nenner scheint darin zu bestehen, die Corona-Maßnahmen abzulehnen, Forschungsergebnisse zu ignorieren oder alles zumindest irgendwie zu „bezweifeln“. Dass diese „Freiheitsboten“ ihre Leser umgehend einladen, in der Abgeschlossenheit einer Chatgruppe unter ihresgleichen zu bleiben, ist nur folgerichtig. Und ihr gutes Recht. Nur mit Freiheit hat das wenig zu tun.