Der Minister arbeitet an seinem Image als Krisenmanager. Hier setzt er sich dem Vorwurf des Aktivismus aus.

Jens Spahn geht forsch an die Öffentlichkeit – und alle sehen hin. Wir wollen ja wissen, was unsere Politiker für den Corona-Herbst planen. „Weiter so“ geht nicht, falls die Infektionszahlen weiter steigen. Ein weiterer Lockdown darf uns nicht passieren.

Aber wie ist er zu verhindern und zu welchen Kosten? Diese Fragen müssen breit diskutiert werden. Mit den Fachleuten. Mit den Ländern und Kommunen. Und die Entscheidung muss endlich in die Parlamente zurückfinden. Dabei hilft des Ministers hastiger Vorstoß leider keinen Schritt weiter.

Jens Spahn arbeitet an seinem Image als Krisenmanager. Das mag man legitim finden – solange er nicht in Aktivismus verfällt, dessen einzige Wirkung schmeichelhafte Schlagzeilen sind. Und diesem Vorwurf setzt er sich ohne Not aus.

Schlagworte wie massenhafte Schnelltests und Fieberambulanzen in die Debatte zu werfen, ist weder besonders originell, noch löst es offensichtliche Probleme der praktischen Umsetzung. Beispiel Fieberambulanz: Spahn will verhindern, dass Corona-Infizierte beim Hausarzt andere Patienten anstecken. In der kalten Jahreszeit sind fiebrige Erkrankungen aber an der Tagesordnung. Da würden viele zur Ambulanz streben. Woher sollen die Räumlichkeiten kommen, woher das Personal? Und wer soll das bezahlen?

Minister Spahn wirft diese Aufgabe nicht zum ersten Mal ganz beiläufig auf den Tisch der Kassenärztlichen Vereinigung. Motto: Macht mal! Damit macht er es sich zu einfach. Ärzte, die in ihren Praxen genügend Platz für eine Separierung der Fiebrigen von den anderen Patienten hätten, sollen nicht behandeln? Und stattdessen sollen eilig eröffnete Sondereinrichtungen die durchaus nicht auszuschließenden hohen Patientenzahlen bewältigen? Bei aller Sympathie für einen Minister, der tatkräftig ist und noch was werden will: So, im doppelten Sinne praxisfremd, geht es dann doch nicht.