„Kanzlerin Angela Merkel hat Urlaub verdient, doch lange kann sie nicht mehr warten.“

Ein Blick auf die Infektionskurve zeigt: Die zweite Welle ist da. Mehrmals lag die Zahl der Neuinfektionen in den letzten Tagen nahe der 1000-Fälle-Marke, und nahezu täglich werden neue Hotspots gemeldet. Verschärft wird die Lage nun durch zwei Faktoren: In vielen Bundesländern gehen die Ferien in den nächsten Tagen zu Ende, Zehntausende Reiserückkehrer werden noch an Flughäfen, Bahnhöfen und Grenzübergängen erwartet. Die wenigsten kommen aus Ländern, die formal als Risikoland ausgewiesen sind. Viele kommen aus europäischen Ferienregionen, in denen das Risiko gerade wieder deutlich steigt.

Der zweite Faktor ist die gefährliche Mischung aus Sorglosigkeit und Ignoranz. In Zügen und U-Bahnen etwa tragen viele keine Maske mehr – doch niemanden interessiert das. Wieso werfen die Betreiber uneinsichtige Fahrgäste nicht mit der gleichen Konsequenz aus dem Zug, wie sie es bei Schwarzfahrern tun? Wieso werden Bußgelder zwar eingeführt, aber kaum verhängt?

„Wir sind die zweite Welle“ stand auf einem der Schilder, die bei der Demonstration gegen die Corona-Regeln am Samstag in Berlin hochgehalten wurden. Sollte das lustig sein? Und was sagen wohl jene Menschen dazu, die sich erst gegen die erste Welle gestemmt haben und nun mit großer Sorge auf die zweite schauen? Die Pflegekräfte, die Ärzte, die zahllosen Corona-Helden in den Verwaltungen, die gerade lokale Ausbrüche eindämmen müssen?

Es wird höchste Zeit für ein neues Wir-Gefühl – ganz so wie am Anfang der Pandemie. Es wird auch höchste Zeit für klare Worte. Am besten von der Frau, hinter der sich die große Mehrheit der Deutschen in der Corona-Pandemie wieder mit Überzeugung versammeln konnte: Kanzlerin Angela Merkel hat Urlaub verdient, doch lange kann sie nicht mehr warten.