„Hätten bei Finanzminister Olaf Scholz nicht sämtliche Alarmglocken schrillen müssen?“

Der Absturz des Dax-Unternehmens Wirecard kam keineswegs wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Politiker hatten sich Sand in die Augen streuen lassen. Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin agierte bestenfalls im Schongang. Die Bilanzprüfungsfirma EY schaute bei Wirecard offensichtlich nicht so genau hin.

Anzeichen, dass irgendetwas falsch lief, gab es genug. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die Bilanzen von kapitalmarktorientierten Firmen durchleuchtet, hatte den Wirecard-Konzernabschluss von 2005 als fehlerhaft beanstandet. Im Januar 2019 schrieb die Wirtschaftszeitung „Financial Times“ über einen Wirecard-Manager, der in Singapur Verträge gefälscht haben soll.

Hat diese Vorwürfe und Berichte in Berlin niemand zur Kenntnis genommen? Das trifft auch auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zu. Er war bereits seit dem 19. Februar 2019 darüber informiert, dass die Bafin den Fall Wirecard „wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation“ untersucht. Die Behörde untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Finanzministeriums. Hätten bei Scholz nicht sämtliche Alarmglocken schrillen müssen?

Unverständlich aber auch, warum Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer China-Reise Anfang September 2019 offenbar ein gutes Wort für Wirecard eingelegt hat. Es ging um den Markteintritt des Unternehmens in Fernost, für den Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller „weitere Flankierung“ zugesagt hatte. In der Rückschau betrachtet liegt dem Fall Wirecard ein kollektives Versagen zugrunde. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages wäre daher angeraten. „Aufklärung, aber schnell!“, lautet das Gebot der Stunde. Es gilt, Schwachstellen und Fehlerquellen aufzudecken und Konsequenzen ziehen.