„Unter Trump werden Sprachduktus und Herrschaftsinstrumente sichtbar, die man sonst nur aus Diktaturen kennt.“

Vor Kurzem hätte man das noch als finsteres Szenario eines durchgeknallten Rechtspopulisten bezeichnet: den Einsatz der Armee gegen die eigene Bevölkerung. Nun ist es US-Präsident Donald Trump, der damit droht, angesichts der Anti-Rassismus-Unruhen im ganzen Land die Armee aufmarschieren zu lassen.

Es ist ein schwerwiegender Tabubruch. Trump redet von „inländischem Terror“. Es ist die Sprache des Bürgerkriegs. Damit stigmatisiert er die Proteste in mehr als 70 amerikanischen Städten. Nach der Tötung des Schwarzen George
Floyd durch weiße Polizisten sind die USA in Aufruhr. Ja, es ist zu gewalttätigen Entgleisungen gekommen, die zu verurteilen sind. Doch die meisten Kundgebungen verliefen friedlich. Der Präsident verkehrt erneut Ursache und Wirkung.

Doch Trump geht noch weiter. Er schreckt offenbar nicht davor zurück, das Aufstandsgesetz aus dem Jahr 1807 anzuwenden. Darin ist festgelegt, dass der Präsident im Fall von „Aufstand, rechtswidriger Vereinigung, inländischer Gewalt oder Verschwörung“ Soldaten abkommandieren kann. Hinzu kommt die besorgniserregende Einschränkung der Pressefreiheit. Journalisten wurden verhaftet, Fernsehsender wie die Deutsche Welle an ihrer Arbeit gehindert.

Unter Trump entwickeln sich die USA weg von den Standards westlicher Demokratien, deren Führungsmacht sie einmal waren. Stattdessen werden Sprachduktus und Herrschaftsinstrumente sichtbar, die man sonst nur aus Diktaturen kennt.

Der Chef des Weißen Hauses inszeniert sich als eisenharter Law-and-Order-Mann. Er setzt Wut als Waffe im Präsidentschaftswahlkampf ein. Trump schürt Emotionen, um seine Klientel mit weißem Nationalismus an die Urnen zu treiben. Dahinter steckt das hohe Risiko, dass die Dinge noch mehr aus dem Ruder laufen.