„Den Beschwörungen von ‘Null Toleranz’ steht die Realität der Clan-Großfamilien entgegen.“

Der Wechsel einer Polizistin von Peine nach Salzgitter ist im Normalfall nichts, womit sich ein niedersächsischer Innenminister befassen müsste.

Doch in diesem Fall sollte die Landesregierung lieber nicht wegsehen: Die Polizistin war Ziel von Anfeindungen und Drohungen aus dem „Clan“-Milieu. Ihr Auto wurde mehrfach beschädigt – vermutlich als Warnung. So entsteht der Eindruck, die Polizistin sei unter dem Druck des Clans abgezogen worden. CDU und FDP haben bereits Anfragen an die Landesregierung zu dem genauen Ablauf des Vorgangs angekündigt.

Das Innenministerium verurteilte die Bedrohungen auf das Schärfste. Das reicht aber nicht. Zwar kann die Landesregierung auf ein ganzes Bündel organisatorischer Maßnahmen gegen Clankriminalität vorweisen. Den Beschwörungen von „Null Toleranz“ steht aber die Realität der Großfamilien entgegen. Sie hätten sich bei „Null Toleranz“ nie etablieren können. Dabei spielte auch falsche politische Rücksichtnahme eine Rolle. Vor Gewaltbereitschaft und Parallelgesellschaften wurden zu lange die Augen verschlossen. Das Landeskriminalamt führte Ende 2019 unter anderem Hildesheim, Stade, Peine und Salzgitter als Orte, in denen sich Clan-Strukturen entwickelt haben. Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hat vor einiger Zeit offen eingestanden, dass die Politik das Problem wohl früher und entschlossener hätte anpacken müssen. Genau das muss geschehen – in Peine und anderswo.