„Die Karlsruher Richterhaben das Recht auf Selbstbestimmung in den Mittelpunkt gestellt.“

Gut so: Die strengen Regeln für die Sterbehilfe in Deutschland werden gelockert. Die seit 2015 geltende Gesetzeslage ist verfassungswidrig. Die Autonomie schwer kranker Menschen wird gestärkt. Kommerzielle Sterbehilfevereine bekommen dennoch keinen Freibrief: Das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe ist klug und vor allem zeitgemäß. Die Karlsruher Richter haben das Recht auf Selbstbestimmung in den Mittelpunkt gestellt.

Das Urteil entspricht dem Wunsch der meisten Deutschen: Acht von zehn Bundesbürgern wollen, dass Ärzte Schwerstkranke im Ernstfall auf deren Verlangen beim Suizid unterstützen dürfen. Wer sein Leben beenden möchte, weil er es vor lauter Schmerz und Leid nicht mehr lebenswert findet, soll die Möglichkeit haben, in professioneller Begleitung sterben zu dürfen. Schwerkranke und Angehörige, Ärzte und Pfleger wissen: Allein das Wissen um eine solche Option kann dazu führen, dass sich das Leben trotz schwerster Krankheitsfolgen noch lebenswert, weil selbstbestimmt anfühlt. Doch seit dem Gesetz von 2015 war dieser Weg als legale, als würdige Option in vielen Fällen verbaut.

Die Karlsruher Richter haben sich in ihrem Urteil nun aber keinesfalls für eine absolute Liberalisierung ausgesprochen. Im Gegenteil: Sie verweisen ausdrücklich darauf, dass der Gesetzgeber die Suizidhilfe regulieren darf. Die Politik sollte deswegen nun zügig verfassungsfeste Regelungen schaffen. Denn die Sterbehilfe darf nicht ungeregelt bleiben – dafür ist die Gefahr zu groß, dass sich Vereine ausbreiten, die den Tod zum Geschäftsmodell machen. Um das zu verhindern, sollten alle Formen auf Profit angelegter Sterbehilfe verboten bleiben. Ärzte sowie staatlich kontrollierte Sterbehelfer dagegen müssen sicher und straffrei vorgehen können.