„Nur wenn Merz auch die Parteigranden hinter sich bringt, hat er die Chance, Parteichef und Kanzler zu werden.“

In der Krise erkennt man Nervenstärke. Daher sind die Chaos-Tage in der CDU für potenzielle Wähler auch ein Lehrstück. Es verrät viel über die Qualitäten der politischen Führer von morgen. Wer schafft es, sich zu positionieren, ohne illoyal zu sein? Wer punktet mit Inhalten und wer macht nur seine Person zum Programm?

Friedrich Merz, der Ex-Fraktionschef, hat sich als Erstes bewegt. Er hat der CDU die Zeit fürs große Nachdenken genommen und die Herausforderer gewaltig unter Druck gesetzt. Sein letzter großer Wahlkampf in eigener Sache hat bereits begonnen. Der Ex-Fraktionschef genießt die Aufmerksamkeit des Publikums und spielt mit dem Machtanspruch. Ein Schritt nach vorne, ein Schritt zurück. Hier starke Worte, dort ganz der Staatsmann.

Seine Strategie ist jetzt schon klar zu erkennen: Merz baut auf die große Popularität, die er bei der Basis hat. Würde man die CDU-Wähler befragen – Merz hätte den Parteivorsitz jetzt schon gewonnen. Aber das Bad in der Menge ist für Merz nicht ohne Risiko. Auch der gewandte Rhetoriker kann sich schnell um Kopf und Kragen reden. Herrenwitze – wie über die weiblichen Namen von Sturmtiefs – können danebengehen. Es war auch nicht klug, die AfD als „Gesindel“ zu bezeichnen. Inflationärer Gebrauch von Herabwürdigungen kann für den Absender nach hinten losgehen. Mitgliederentscheid? Erst nein, dann vielleicht – solche Wankelmütigkeit irritiert.

Friedrich Merz hat nur in der öffentlichen Wahrnehmung die Nase vorn. Viel schwerer wird es für ihn, die Amtsträger der Partei zu überzeugen. Hier stößt er auf viel mehr Widerstand als seine potenziellen Mitbewerber Jens Spahn und Armin Laschet. Aber nur wenn er auch eine Mehrheit der Parteigranden hinter sich bringt, hat er die Chance, Parteichef und Kanzler zu werden.