„Einem Arbeitnehmer darf nicht eine 40-Stunden-Woche vorgegaukelt werden, wenn er deutlich mehr leisten muss.“

Nur jede 110. Arbeitsstunde sei unbezahlt, rechnen die Arbeitgeber vor, bei einer 40-Stunden-Woche für alle wären das gerade mal etwa 1,5 Stunden im Monat. Also alles halb so wild? Es sind 1,5 Stunden zu viel. Denn die Gesamtzahl aller unbezahlten Überstunden verteilt sich nicht auf alle Arbeitnehmer: Manche Arbeitsverträge sehen vor, dass jede Überstunde bezahlt oder zeitlich ausgeglichen wird, laut anderen Arbeitsverträgen sind alle Überstunden abgegolten. Obwohl sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Beispiel auf 38 Stunden geeinigt haben, muss mancher Mitarbeiter jede Woche mehrere Stunden zusätzlich leisten – kostenlos.

In einem Drittel der Fälle von Überstunden geben die Betroffenen an, die Arbeit sei in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht zu schaffen. Der ein oder andere von ihnen ist vielleicht nicht der Allerschnellste, doch bei einem so hohen Anteil ist offensichtlich, dass viele Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überfordern.

In unserer globalisierten Welt müssen auch wir Deutschen mit starken Arbeitnehmerrechten uns bis zu einem gewissen Grad flexibel zeigen, damit Jobs nicht in andere Länder abwandern. Doch die für die Wettbewerbsfähigkeit nötige Flexibilität kann nicht bedeuten, dass Arbeitsverträge schlicht unrealistisch sind. Einem Arbeitnehmer darf nicht eine 40-Stunden-Woche vorgegaukelt werden, wenn er für sein Gehalt deutlich mehr Stunden leisten muss. Dann hätte er den Vertrag vielleicht nicht unterschrieben.