„Wer Kanzler sein will, muss nicht nur in Me­tropolen, sondern auch in der Provinz ankommen.“

Mit 40 rutscht manch einer in die Midlife-Crisis. Bei den Grünen knallen zum Parteijubiläum die Korken. Erderwärmung, Insektensterben, Vermüllung der Ozeane, nachhaltige Landwirtschaft, CO2-freies Wirtschaftswachstum – vieles, von den Grünen eisern verfolgt, ist gesellschaftlicher Mainstream. Kein Wunder, dass das Geburtstagskind bester Laune ist.

Robert Habeck ist neben Angela Merkel einer der beliebtesten Politiker im Land. Gemeinsam mit Annalena Baerbock hat er aus der von Flügelkämpfen gelähmten Partei eine schlagkräftige Einheit geformt. Während der CDU mit dem absehbaren Ende der Merkel-Ära quälende Führungsdebatten bevorstehen und die SPD mit einem unerfahrenen Spitzenduo Halt sucht, wollen die Grünen im neuen Jahrzehnt Volkspartei werden. Klimakompetenz alleine wird für den erhofften Sprung an die Macht nicht reichen. Nicht nur Feldhamster wollen gerettet werden, sondern auch Facharbeiter in der Autobranche. Sie haben berechtigte Angst, dass gut bezahl­te Industrie-Jobs mit der E-Auto-Revolution von Stuttgart, München, Ingolstadt und Wolfsburg ins Ausland wandern.

Als besonders sozial werden die Grünen nicht wahrgenommen. Die Quittung dafür bekamen sie bei den Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Überzeugende Antworten auf den Frust in ländlichen Regionen, auf den AfD-Aufstieg haben Habeck und Baerbock bislang nicht gefunden. Wer Kanzler sein will, muss nicht nur in Me­tropolen, sondern auch in der Provinz ankommen.

So spiegeln die Top-Umfragen wider, dass die Grünen eine riesige Projektionsfläche sind. Der grüne Zeitgeist kann sich verflüchtigen, wenn etwa im Nahen Osten ein Krieg ausbricht. Das mindert nicht die Erfolge der Gründergeneration und ihrer Erben. Die Grünen haben sich um das Land verdient gemacht.