„Es sind allein die Europäer, die belastbare Gesprächskanäle sowohl nach Washington als auch nach Teheran haben.“

Es hat recht lange gedauert, bis das vereinte Europa auf die Eskalation im Nahen Osten reagiert hat. Aber nun scheint die diplomatische Krisenmaschinerie doch in Gang zu kommen. Als am Dienstag Außenminister Heiko Maas mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien über die Lage nach der Tötung des iranischen Top-Generals Soleimani beriet, präsentierte er einen Teil des europäischen Instrumentenkastens: Kaum verhüllt drohte Maas mit Sanktionen gegen Iran, sollte Teheran aus dem Atomabkommen aus- und zur Atommacht aufsteigen wollen.

Zugleich aber steht die Einladung an den iranischen Außenminister Sarif, am Freitag bei einem Krisentreffen der EU-Außenminister nach Auswegen zu suchen. Tags darauf reist die Kanzlerin mit Maas nach Moskau. Und schon am Mittwoch will die EU-Kommission genauer ausbuchstabieren, wie der europäische Beitrag zur Deeskalation in Nahost aussehen kann. Es sind schließlich allein die Europäer, die belastbare Gesprächskanäle sowohl nach Washington als auch nach Teheran haben – und mit den Mitteln der Diplomatie zumindest versuchen können, einen Flächenbrand in Nahost zu verhindern.

Sicher, der Einfluss Europas in Nahost war und ist begrenzt. Ein größeres militärisches Engagement der EU in der Krisenregion ist in naher Zukunft kaum vorstellbar, die Rolle einer Ordnungsmacht deshalb auch. Aber ohnmächtig sind die Europäer deshalb nicht. Ihre Stärke bleibt die Diplomatie. Die ist gerade jetzt gefragt.

Teheran wird sich gut überlegen, ob es die Brücken nach Europa abbrechen will, indem es jetzt überzogen reagiert. Und auch wenn sich die Regierungschefs der EU offene Kritik an den Vereinigten Staaten verkneifen, so ist der geballte Unmut über den völkerrechtswidrigen Angriff in Washington sehr wohl angekommen. Nein, der Versuch zu deeskalieren ist nicht aussichtslos.