„Die Wolfsburger sollten sich in China nicht zurückziehen, sondern Forderungen stellen.“

Der Tag musste kommen. VW und China – das schien bisher wie die Allianz der Glücklichen. Der Autobauer entwickelte sich im Reich der Mitte vom einst belächelten Pionier zum Marktführer. China selbst erstarkte zu einer wirtschaftlichen und politischen Großmacht. Längst ist China der wichtigste Markt für die Wolfsburger – ein einträglicher dazu.

Die aktuelle Entwicklung im Nordwesten des Landes zeigt die unschöne Kehrseite dieser Allianz. China hält sich nicht an die Spielregeln westlicher Demokratien. Minderheiten werden unterdrückt, die Bevölkerung überwacht. Und VW sitzt in der Klemme.

Wie soll sich der Autobauer verhalten? Da ist einerseits die wirtschaftliche Abhängigkeit von China. Andererseits stehen die Wolfsburger für demokratische Werte wie Mitbestimmung, Gleichberechtigung und Chancengleichheit wie nur wenige andere Unternehmen. Wie also passt das zusammen mit dem Kurs der chinesischen Staatsführung? In einem ähnlichen Fall konnte sich der Autobauer relativ geräuschlos aus der Affäre ziehe: Die Fabrikpläne in der Türkei wurden auf Eis gelegt.

So leicht ist es in China nicht. Längst ist VW wegen seines Engagements dort auch zu einem chinesischen Unternehmen geworden. Dort kann nichts einfach so auf Eis gelegt werden, ohne die Zukunft des Unternehmens zu gefährden. Das ist aber auch eine Chance. China ist zwar stark und schlau, aber nicht unverletzlich.

Um die Bevölkerung ruhig zu halten und hinter sich zu wissen, benötigt die Regierung ein stetes Wirtschaftswachstum als Zukunftsversprechen. Bei diesen Plänen helfen Konzerne wie VW mit ihren Investitionen. Deshalb sollten sich die Wolfsburger nicht zurückziehen, sondern Bedingungen für Investitionen stellen. Das ist für China wichtig, aber auch als Signal nach außen, damit VW nicht an Glaubwürdigkeit verliert. Der Zeitpunkt dafür ist jetzt gekommen.