„Aus der Suche nach einer Doppelspitze sollen ‘Festspiele der Demokratie’ werden. Zweifel sind aber erlaubt.“

Für ihre Castingshow überlässt die SPD nichts dem Zufall. Die 17 Kandidaten und Kandidatinnen bekamen vor der ersten von 23 Regionalkonferenzen ein Drehbuch mit Regie-Anweisungen zugeschickt. Die Bewerber um den SPD-Vorsitz sollen am besten ungeschminkt oder nur mit leichtem Tages-Make-up erscheinen. Die Herren sollen auf frische Rasuren verzichten, um Hautirritationen zu vermeiden. Diesen Hinweis sollte die SPD selbst beherzigen.

Seit der krachend verlorenen Bundestagswahl 2017 befindet sich die Partei fast ausnahmslos im Selbstfindungsmodus. Erst wurde der einstige 100-Prozent-Vorsitzende Martin Schulz abgemeiert, dann zermürbte die Fraktion Andrea Nahles. Obwohl die SPD fast jeden Monat milliardenschwere Gesetze durch das Kabinett bringt, die das Leben vieler Bürger besser machen, hat die GroKo im linken Flügel einen miesen Ruf.

Das kommissarische SPD-Notariat um Thorsten Schäfer-Gümbel, Manuela Schwesig und Malu Dreyer hat sich den Mammut-Mitgliederentscheid ausgedacht, der die Partei bis zu zwei Millionen Euro kosten kann. Aus der Suche nach einer Doppelspitze sollen „Festspiele der Demokratie“ werden, die im besten Fall die Republik elektrisieren. Zweifel sind aber erlaubt.

Denn das Verfahren war bislang ein Trauerspiel. Kein einziger Ministerpräsident wagte sich aus der Deckung. Außer Olaf Scholz (und der mit Spätzündung) kein einziger Bundesminister. Keine einzige Frau aus der ersten Reihe. Keine Schwesig, keine Giffey, keine Barley. Niemand wollte sich den Höllenjob antun. Ob die Regionalkonferenzen diesen Image-Gau heilen können, zeigen die nächsten sechs Wochen.

Für einen zählt nur der Sieg. Scholz. Keiner spielt in seiner Liga. Fällt „Mister GroKo“ Scholz durch, wäre er als Finanzminister eine „lame duck“. Die Kanzlerkandidatur könnte er vergessen.