„Deutschland läuft Gefahr, dass viele Menschen abgeschreckt werden, Verantwortung zu übernehmen.“

Für viele von uns ist der Hass weit weg. Tief in Internetforen, in Kommentarleisten auf Twitter oder Facebook. Neonazi-Netzwerke treffen uns als Ziel nur selten, denn das Ziel ist das andere, das vermeintlich Fremde. In unseren Freundeskreisen sind wir häufig einer Meinung, wir reden mit Respekt und hören zu. Meistens jedenfalls. Hass ist weit weg.

Aber es gibt eine Front des Hasses. Wer sich an diese Linie wagt, den trifft die Hetze: Politiker, Journalisten, Vereinsvorsitzende, engagierte Anwälte oder Bürgermeister. Sie trifft Parteien, Menschen in Ortsvereinen, in Bürgerinitiativen. An dieser Front gibt es keinen Schutz. Hier lässt sich der Hass nicht wegklicken wie bei Facebook und Co.

Jetzt stehen Wahlen in Ostdeutschland an, in Sachsen und Brandenburg, und bald auch in Thüringen. Im Vorfeld gab es Übergriffe auf Parteibüros und Wohnungen von Politikern, links wie rechts wie Mitte. Wir müssen die Gefahr durch Übergriffe ernster nehmen, als das bislang passiert. Deutschland darf Gewalt nicht tolerieren.

Der Zusammenhalt Deutschlands entscheidet sich nicht in Brüssel oder Berlin. Sondern im Kleinen, vor Ort, in Nachbarschaften. Deutschland läuft Gefahr, dass viele Menschen abgeschreckt werden, Verantwortung zu übernehmen.

Viel zu spät, aber immerhin – nach den Gewalttaten ist in Deutschland eine ernste Debatte über den Umgang mit der Hetze entfacht. Das ist wichtig.

In der deutschlandweiten Debatte ist die Herausforderung erkannt. Vor Ort muss jetzt der Einsatz eines jeden in Vereinen, in Parteien, in zivilen Gruppen folgen. In der Nachbarschaft, im anonymen Großstadtviertel, im Kleingartenverein, im Fußballclub, in der Flüchtlingsinitiative, im Obdachlosentreff. Dort, wo Politik auch gemacht wird.

Von Mensch zu Mensch. Dem Hass dürfen wir nicht das Feld überlassen.