Die Kirche sollte die nicht ermutigenden Nachrichten als Chance sehen. Dann wird sie auch ernten.

Der Abwärtstrend setzt sich fort: Die beiden großen Kirchen in Deutschland verlieren kontinuierlich Mitglieder. Auch die Landeskirche Braunschweig kann ein Lied davon singen. Der demografische Wandel schlägt sich auch in den Strukturen nieder. Die Dominanz einer älteren Generation ist allgegenwärtig, so wie übrigens in vielen Organisationen, Vereinen und Branchen auch. Deshalb ist Besserwisserei oder Häme gegenüber dieser Entwicklung unangebracht, denn viele, viele sitzen in den entsprechenden Glashäusern.

Es ist nicht zu bestreiten, dass mehr Gemeindemitglieder die Erde verlassen, als sich Neuankömmlinge der Kirche anschließen. Die Taufbecken verstauben immer öfter. Vielleicht auch, weil sich zur allgemeinen Skepsis gegenüber der Einrichtung Kirche die Praxis der Eltern ändert und sie den Nachwuchs selbst über eine Mitgliedschaft entscheiden lassen wollen. Die Kirche sollte die nicht ermutigenden Nachrichten als Chance sehen. Sie sollte denen zuhören, ihnen Rat und Trost geben, die sie aufsuchen. Sie sollte sich einmischen, wenn gesellschaftliche Strömungen ihren Grundprinzipien der Nächstenliebe zuwiderlaufen. Auch gerne mal ungefragt. Sie sollte sich für die Schwachen und Ausgenutzten einsetzen. Dann wird sie auch ernten.

Der Katholik Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim, setzt diese Prinzipien aktuell vorbildlich um – indem er, ohne Rücksicht auf die Verfehlungen im eigenen Haus, den Missbrauchsskandal aufzuklären versucht. Auch wenn die Mitgliedsentwicklung düster ist: Wilmers Vorgehen ist alternativlos, damit es überhaupt heller werden kann.