„Wo Brennpunkte entstehen, ergeben sich neue Schwerpunkte.“

Wenn der Verfassungsschutz heute seinen Jahresbericht 2018 vorstellt, wird wohl ein Warnruf alle anderen übertönen – der vor dem Rechtsextremismus. Politisch wäre das allzu verständlich, mit einem Wort: situationsgerecht.

Gleichwohl wäre es falsch, alle Kräfte auf den Kampf gegen rechts zu konzentrieren. Denn der Islamismus hat nichts von seiner Gefahr verloren. An Gründen zur Wachsamkeit mangelt es nicht. Sie werden alle im Bericht aufgelistet: Die Vielzahl von aufgedeckten Anschlagsplänen, die steigende Zahl von Islamisten in Deutschland, die Radikalisierung und Rekrutierung durch den „Islamischen Staat“, kurzum: die Warnung vor einer „anhaltend hohen Gefährdung“.

Wo Brennpunkte entstehen, ergeben sich neue Schwerpunkte. Das ist eine Erfahrung aus der Praxis der Polizei. Im Grunde werden die Sicherheitsbehörden immerzu neu austariert, weil man nicht jeder Aufgabe jederzeit mit der gleichen Intensität nachgehen kann. Nach dem Terror des Nationalsozialistischen Untergrunds wurde politisch wie personell umgesteuert. Die Generalbundesanwaltschaft wurde an ihrer Spitze mit Peter Frank neu besetzt, genauso der Chefsessel beim Verfassungsschutz mit Hans-Georg Maaßen.

Rückblickend ist es eine Ironie der Geschichte, dass Maaßen in seiner Amtszeit das Gegenteil dessen tat, was man sich mit seiner Ernennung erhofft hatte. Er hat den Rechtsextremismus faktisch unterschätzt und sich auf den islamistischen Terror fokussiert.

Unter seinem Nachfolger – zumal nach dem Mord von Kassel – könnte das Pendel ins andere Extrem umschlagen. Das hängt nicht zuletzt davon ab, was ihm sein Dienstherr vorlebt. Wenn man sich die Reaktion von Innenminister Seehofer anschaut, hat er bislang die Balance gewahrt.

Er hat den Rechtsextremismus auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror gestellt. Nicht darunter, nicht darüber.