Die SPD könnte sich ein Beispiel an den erfolgreichen Sozialdemokraten in Dänemark nehmen. Doch das birgt wohl auch einige Gefahren.

Sozialdemokraten können noch Wahlen gewinnen. Das ist eine gute Nachricht für die auf Randgröße geschrumpfte ehemalige Volkspartei SPD. Doch die schlechte folgt auf dem Fuße: Sozialdemokraten gewinnen derzeit nur noch im Ausland Wahlen. Bei den Europawahlen waren es die Schwesterparteien in Schweden, Holland oder Spanien. Nun haben bei den dänischen Parlamentswahlen die Sozialdemokraten die Macht zurückerobert und die Rechtspopulisten deutlich zurückgedrängt.

Was machen die Dänen anders? Das ist die zweite schlechte Nachricht für die deutsche Sozialdemokratie: Die Nachbarn haben einen radikalen Schwenk in ihrer Migrationspolitik hingelegt, sie haben sogar die Agenda der Rechtspopulisten kopiert: Parteichefin Mette Frederiksen will die rigiden Kontrollen an der deutschen Grenze fortsetzen, abgelehnte Asylbewerber konsequent abschieben, Aufnahmezentren im Ausland einrichten und spontane Asylanträge an der Grenze verhindern.

Das klingt mehr nach AfD als nach SPD – und ist in der Radikalität in Deutschland kaum vermittelbar. Es ist die radikale Abkehr vom liberalen System, für das Dänemark über Jahrzehnte stand. Und es stellt viele sozialdemokratische Werte wie Solidarität, Menschlichkeit und Gerechtigkeit infrage.

Deutschland steht mit Flüchtlingskurs in Europa alleine da

Die Dänen stehen damit nicht allein: Auch die schwedischen Sozialdemokraten, die einst weltoffener als jedes andere Land Europas Migranten die Tore öffneten, haben 2016 die Grenzen geschlossen. Selbst die vermeintlich liberalen Niederlande verfolgen mit Ankerzentren längst eine repressive Ausländerpolitik. Man muss es so klar sagen: Deutschland steht mit seinem offenen Ansatz in Europa inzwischen mutterseelenallein da.

Der Kursschwenk der Dänen, Schweden oder Holländer kam nicht ganz freiwillig: Die lange Zeit liberale Einwanderungspolitik und das weit verbreitete Tabu, über Integrationsprobleme zu sprechen, haben die Stimmung in den letzten Jahren kippen lassen – und rechte Parteien stark gemacht. Erst als die Sozialdemokraten darauf reagierten, konnten sie Wähler zurückgewinnen.

Die deutschen Sozialdemokraten wären klug beraten, sich die Entwicklung in den skandinavischen Staaten genau anzuschauen. Auch ihre Wähler sind von den Schattenseiten der Migration besonders betroffen: Sie fürchten Jobverlust oder Lohndumping durch eingewanderte Billigarbeitskräfte, sie konkurrieren mit Zuwanderern um Sozialwohnungen oder machen sich Sorgen, wenn in den Schulen und Kindergärten der Migrantenanteil immer weiter steigt.

SPD muss Probleme der Integration deutlicher ansprechen

Es gibt in Deutschland eine weit verbreitete Moral, vor allem dann für Flüchtlinge zu sein, wenn sich andere um die Integration kümmern: Eine Stadt ruft „Refugees Welcome“, doch die Menschen kommen tatsächlich in eine ganz andere. Dieser Riss spaltet auch die SPD, an der Basis verstehen viele ihre Spitzenpolitiker nicht mehr.

Die dänischen Sozialdemokraten preisen ihre repressive Politik schon als Modell. So weit sollte die SPD nicht gehen. Sie muss aber Probleme der Inte­gration klarer benennen und Zuwanderung insgesamt restriktiver steuern. Das deutsche Problem bleibt bestehen, solange jede Einreise problemlos möglich, jede Abschiebung aber fast unmöglich ist. Neu erfinden müssten sich die Sozialdemokraten nicht einmal: Mögliche Aufnahmezentren in Afrika hatte Bundesinnenminister Otto Schily schon 2004 gefordert. Und wie sagte ein gewisser Gerhard Schröder 1997: „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus – und zwar schnell.“

Wenn die SPD diese offene Flanke schließt, kann sie sich auf die wichtigere Frage konzentrieren – wie man die große Mehrheit integrationswilliger Migranten schnell und effektiv eingliedert.