„Vor allem in den Großstädten boomt alles, was nach Teilen, Tauschen und nachhaltigem Konsum klingt.“

Sie gehen mit Jutebeuteln im Secondhand-Laden shoppen. Sie erklären ihren Eltern, warum es eine Umweltsünde ist, wenn man Fleisch isst oder Avocados kauft. Und am Ende der Woche gehen sie zu den Klima-Demos der Fridays-for-Future-Bewegung. Eine ganze Teenager-Generation, so scheint es, schwimmt gerade auf der neuen deutschen Ökowelle.

Und nicht nur sie. Vor allem in den Großstädten boomt alles, was nach Teilen, Tauschen und nachhaltigem Konsum klingt. Gut möglich also, dass die Bundesbürger sich, genauso wie sie sich gerade von der Plastiktüte verabschieden, auch nach und nach von den jährlich 2,8 Milliarden Einwegbechern für Kaffee und Co. trennen werden.

Nicht nur, weil die Umweltministerin die Wegwerfbecher und Plastikdeckel teurer machen will für Hersteller und Handel. Sondern auch, weil als Gegenwert für den Verzicht etwas Unbezahlbares lockt: ein Schub gutes Gewissen. Der Mehrwegbecher als Beweis ökologisch korrekten Verhaltens. Unverzichtbarer Trendartikel für den umweltbewussten Teenager, Basis-Accessoire für alle, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen.

Sicher: Man kann das alles freundlich belächeln und daran erinnern, dass gleichzeitig im konsumgierigen China die Müllberge ins Gigantische wachsen. Man kann das auch für eine Art Ersatzreligion halten, die Sinn stiftet und Gewissenshygiene fördert.

Doch die Ökowelle als bloße Modeerscheinung sehen – ohne nachhaltige Folgen? Das greift zu kurz. Die Geschichte zeigt: Ohne die Umweltbewegung der 70er- und 80er-Jahre hätten sich nie die Standards durchgesetzt, die heute weltweit eingefordert werden können. Die aktuelle Ökowelle, wenn sie politisch klug begleitet wird, kann dazu beitragen, den westlichen Lebensstil Schritt für Schritt zu ändern. Alternative? Sie hieße: Weiter so. Nicht nur die umweltbewegten Teenager haben begriffen, dass das keine Alternative ist.