Das Land hat Sinn für nachhaltige Lösungen bewiesen. Das würde einen Kurswechsel beim Paläon, aber auch bei der BLSK nahelegen.

Jedem redlichen Bemühn sei Beharrlichkeit verliehn. (Goethe)

Das schwarze, oft auch braune Gold hat den Kohlerevieren über Jahrhunderte Arbeit und bescheidenen Wohlstand gebracht; es war der Antrieb der Industrialisierung und damit Baustoff für das reiche Land, in dem wir heute leben. Wo vor einer Generation noch Presslufthämmer und Förderbänder ratterten, ist es still geworden. Die Vorkommen erschöpft, der Abbau nicht mehr rentabel und ökologisch unerwünscht – denn der fossile Brennstoff Kohle setzt das Klimagas CO2 frei.

Für die Reviere, die selbstbewussten Kraftquellen des Landes, begann mit Zechensterben und Grubenschließungen eine Zeit der Auszehrung. Mit dem endgültigen Aus kommt nun endlich in Gang, was seit Jahren überfällig war: eine nationale Anstrengung, um den Revieren eine Chance auf Prosperität in der Zukunft zu öffnen. Wer sich dort bewegt, muss sich fragen, wie man so lange warten konnte.

Und fast wäre das vergleichsweise kleine Braunschweigisch-Helmstedtische Braunkohlerevier unter die Räder gekommen. Früher als im Ruhrgebiet oder in der Lausitz hatte hier die Kohle-Zeit geendet, mit einschneidenden Folgen. Der Kreis Helmstedt verlor zum Zeitpunkt größter Not auch noch die Zonenrand-Förderung. Die Strukturschwäche hätte die Menschen zur Abwanderung getrieben – es ist ein großes Glück, dass die Job-Maschinen in Wolfsburg und Braunschweig so wunderbar funktionierten. Gerade deshalb glaubten offenkundig Verantwortliche in Berlin (in den anderen Revieren sowieso), dass man die Fördermilliarden nicht mit Helmstedt teilen müsse. Trotz des erfreulich weitsichtigen Votums der Kohlekommission. Die Lage im Kreis Helmstedt ist aber nicht danach.

Am Ende hat sich die Klugheit durchgesetzt: Das niedersächsische Revier bekommt offenbar eine dreistellige Millionensumme, viel weniger als die Revier-Riesen, aber doch genug, um in langfristig Wohlstand schaffende Projekte zu investieren. Von neuen Betrieben in (interkommunalen!?) Gewerbegebieten hätten die Menschen mehr als von schnell verglimmenden Sofortprogrammen.

Dass der Landkreis Helmstedt sich zu neuen Ufern aufgemacht hat und die Gesprächsbasis der Kommunen in unserer Region breiter geworden ist, gibt zu Hoffnungen Anlass. Man darf sich den Erfolg beim Fördergeld nicht als Selbstgänger vorstellen. Neben der Wirtschaft und den Kommunen, der Helmstedter Landrat Gerhard Radeck allen voran, haben sich dem Vernehmen nach die Bundestagsabgeordneten engagiert. Und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann setzten sich offenbar massiv für unser Revier ein. So stellt man sich Eintracht vor.

Gemeinsam geht es voran. So würde man es sich auch beim „Paläon“ wünschen, dem Forschungs- und Erlebniszentrum. Mit den Schöninger Speeren sind hier die bedeutendsten Zeugnisse früher Zivilisation zu sehen. 50000 Menschen besuchen das „Paläon“ jedes Jahr. Das „Speere-Museum“, unter Ministerpräsident Christian Wulff mit Landesmitteln ermöglicht und dank des Engagements von IHK-Ehrenpräsident Wolf-Michael Schmid, Landessparkassenchef Christoph Schulz, Prof. Lothar Hagebölling, VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und vielen anderen zu einem lebendigen Lern- und Erlebnisort entwickelt, geht in die Hände des Landes über. Das ist zunächst erfreulich, weil Niedersachsen dem „Paläon“ Sicherheit gibt.

Nur droht die Gefahr, dass die mutige Entscheidung von Wissenschaftsminister Björn Thümler in den Behördenmühlen bis zur Unkenntlichkeit zerkleinert wird. Die Partnerschaft zwischen Land und privaten Unterstützern für Events, Sonderausstellungen und anderes mehr, wie sie Hagebölling in einem Gutachten entwickelt hatte, scheitert bisher daran, dass das Finanzministerium eine Sockelfinanzierung ablehnt. Und jetzt hat das Landesamt für Denkmalpflege unübersehbare Schwierigkeiten, den Herausforderungen eines bedeutenden, attraktiven Hauses abseits der Großstädte gerecht zu werden. Geplant ist die Konzentration aufs Wissenschaftliche. Das bewährte Personal muss mit einer Ausnahme gehen, wohl auch, weil Hannover um jeden Preis den Betriebsübergang verhindern will. In Paragraph 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches ist geregelt: „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“ Das gilt auch für das Land, das sich hier in, höflich ausgedrückt, wenig vorbildlicher Weise offenbar um geltendes Recht herumzumogeln versucht.

Wie es weitergehen soll, ist wenige Wochen vor der Übernahme nicht zu erkennen. Wird das Haus hinreichend oft geöffnet sein? Wird es noch eine leistungsfähige Museumspädagogik geben? Kann das Haus durch Sonderausstellungen glänzen? Oder wird das „Paläon“ als elegantes Nichts am Rande des Schöninger Tagebaues stehen, gleichermaßen nutzlos für Bürger und die strukturschwache Region?

Man kann einen Leuchtturm übernehmen und auf Sparflamme setzen – oder seine Strahlkraft erhalten. Nicht alle im Landesamt für Denkmalpflege, im Wissenschafts- und Finanzministerium haben bemerkt, dass sie mitten in einem Test stecken, der furchtbar peinlich enden könnte. Staatssekretärin Sabine Johannsen bemüht sich um eine Lösung, die das Engagement der Unterstützer rettet. Dabei verdient sie jede Unterstützung, auch im Finanzministerium.

Das Land hat zuletzt Sinn für nachhaltige Lösungen bewiesen. Das würde einen Kurswechsel beim „Paläon“, ganz sicher aber auch bei der Braunschweigischen Landessparkasse nahelegen. Wer die BLSK unter dem Dach der maroden Nord-LB belässt, muss der Gefahr ins Auge sehen, dass sie in dem radikalen Schrumpfungsprozess der Landesbank zuschanden gehen könnte. Hannover sollte glücklich sein, dass die Kommunen Verantwortung übernehmen wollen. Die Finanzierung der Eigenständigkeit ist keine Kleinigkeit, aber sie wäre leistbar – politischen Willen vorausgesetzt.