„Amerika orientiert sich immer mehr an absoluten Kategorien von Gut und Böse.“

Das gibt es selten. Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte die Münchner Sicherheitskonferenz zu einem virtuellen verbalen Schlagabtausch mit US-Vizepräsident Mike Pence. Merkel gilt als vorsichtig, analytisch und gelegentlich lavierend. Doch in der bayerischen Landeshauptstadt legte sie ein furioses Bekenntnis zum Multilateralismus ab.

Sie warb für eine internationale Ordnung, die auf festen Regeln, Absprachen und Verhandlungen beruht. Das ist langwierig, anstrengend – aber es nimmt Dampf aus Kontroversen und kann im besten Fall Konflikte entschärfen.

Die Kanzlerin verteidigte das Atomabkommen mit dem Iran ebenso wie das Erdgas-Pipelineprojekt Nord Stream 2 mit Russland. Die Botschaft: Teheran und Moskau sind schwierige Partner, aber eine Vogel-friss-oder-stirb-Politik treibt Akteure in die Enge und heizt Spannungen an.

Iranisches Regime mischt sich massiv in Syrien und Jemen ein

Im Gegensatz dazu verfocht Trump-Stellvertreter Pence eine lupenreine „America-First“-Politik. Das iranische Regime hat alles andere als eine weiße Weste. Es verhält sich repressiv nach innen und mischt sich massiv in Syrien und im Jemen ein.

Aber es ist kontraproduktiv, deshalb das Atomabkommen, das die Nuklear-Ambitionen Teherans nachweisbar einhegt, zu kündigen. Die Mullahs fühlen sich bedroht, was Raum für Eskalation bietet. Genau das riskiert die Trump-Regierung mit ihrer Schwarz-Weiß-Ideologie. Amerika orientiert sich immer mehr an absoluten Kategorien von Gut und Böse. Der Präsident will die Gegenseite mit maximalem Druck zum Einlenken bringen. Von den eigenen Verbündeten verlangt er Gefolgschaft.

Doch die gegenwärtige Welt ist komplex und hat viele Grautöne. Will man die Gefahr militärischer Konfrontationen vermeiden, gibt es nur eines: Reden, reden, reden. Die Kanzlerin hat dies in München kraftvoll unterstrichen. Es war fast eine Art außenpolitisches Vermächtnis.