Die Liberalen haben im Bund einen Zustand erreicht, den Rettungskräfte stabile Seitenlage nennen.

Schauen sie nach links, sehen sie wie die Grünen Erfolge feiern. Schauen sie nach rechts, sehen sie, wie die AfD dabei ist, bei den Landtagswahlen im Herbst als neue ostdeutsche Volkspartei zu triumphieren. In der Mitte dagegen, wo sich Christian Lindners Liberale zu Hause fühlen, tut sich nicht viel.

Die politische Story der FDP, die Geschichte vom tiefen Sturz und der erfolgreichen Neuerfindung tritt seit Monaten auf der Stelle. Die Liberalen haben einen Zustand erreicht, den Rettungskräfte stabile Seitenlage nennen. Das reicht zum Überleben, aber nicht zum Gestalten. Das weiß auch Obersanitäter Christian Lindner. Und nun?

Schritt für Schritt hat er seine Partei ab 2013 nach dem Rauswurf aus dem Bundestag aus dem Koma geholt, mit frischen Ideen beatmet, ihren Kreislauf stabilisiert. Weil er im Herbst 2017 fürchtete, dass die FDP in einem Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen gleich wieder untergehen könnte, empfahl der behandelnde Parteichef die Überweisung in die Opposition. Besser erstmal wieder zu Kräften kommen, als sich zu früh verausgaben.

Chancen der Liberalen sinken auch im Bund

Der Zustand der FDP ist seitdem stabil: In Umfragen liegen die Liberalen seit Monaten bei neun Prozent. Doch wie bei allen Genesungsprozessen kommt irgendwann der Moment, wo die Schonhaltung nervt. Die FDP ist an diesem Punkt. Sie ist fast schon drüber. „Wir wollen ran, wir stehen bereit“, sagt Lindner. Mit anderen Worten: Opposition ist Mist.

Das Problem: Weder nach der Wahl in Bayern noch in Hessen brauchte die Union die FDP zum Regieren. Und ob es nach den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen anders aussieht, ist vollkommen offen. Und im Bund? Seit die CDU Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Parteichefin gewählt hat und auch CSU und SPD endlich wieder Ruhe in der GroKo herstellen wollen, sinken die Chancen der Liberalen, in absehbarer Zeit für eine Koalition im Bund gebraucht zu werden. Ohne ein schnelles Ende der großen Koalition, ohne Neuwahlen, steht die FDP im Bund 2019 vor einer politischen Durststrecke.

Hinzu kommt: Union und SPD verlieren Wähler – doch die FDP profitiert anders als Grüne und AfD kaum davon. In Lindners Augen gibt es dafür drei Gründe. Erstens: Verunsicherung. Viele Wähler würden sich fragen „Wollen die überhaupt regieren?“ Zweitens: Lindner und die Lindner-Ähnlichen. Wenn nur wenige Vertreter einer Partei sichtbar seien, hätten die Leute auch nur wenige Bilder im Kopf, in welcher Lebensrealität die Liberalen zu Hause seien, hat der Parteichef gerade in einem Interview erklärt.

Lindners Entscheidung gegen Jamaika war falsch

Die One-Man-Show der letzten Jahre hat vor allem Leute angezogen, die Lindners hochtourigen Lebensstil gut finden, viele andere aber kalt gelassen. Drittens: Sendeprobleme. In den aufgeheizten Debatten über Zuwanderung, Terror, nationale Identität, Klimaschutz und Armut konnten die Liberalen mit ihren häufig vernünftigen, aber oft viel zu technischen Vorschlägen nicht durchdringen. Die Grünen dagegen warfen sich leidenschaftlich ins Getümmel, als Stimme gegen rechte und nationale Impulse – und sammelten Stimmen.

Er habe keinen Futterneid, sagt Lindner. Wenn die FDP nur zehn Prozent der Menschen überzeuge, sei das okay. Doch das ist falsch. So falsch wie seine Entscheidung gegen Jamaika. Eine liberale, europafreundliche Partei wie die FDP muss in Zeiten, wo viele wieder ins Rechts-Konservative und Nationale driften, mehr wollen als zehn Prozent. Und sie muss als Regierungspartei Einfluss nehmen, wo immer es geht. Die Schonzeit ist vorbei.

Die Liberalen haben im Bund einen Zustand erreicht, den Rettungskräfte stabile Seitenlage nennen. Das reicht zum Überleben, aber nicht zum Gestalten. Das weiß auch Obersanitäter Lindner. Wie bei jeder Genesung kommt irgendwann der Moment, wo die Schonhaltung nervt. Die FDP ist an diesem Punkt. „Wir wollen ran“, sagt Lindner. Mit anderen Worten: Opposition ist Mist. Regieren ist besser als nicht regieren. Das Problem: Seit die CDU Annegret Kramp-Karrenbauer zur Parteichefin gewählt hat und auch CSU und SPD wieder Ruhe in der GroKo herstellen wollen, sinkt die Chance der FDP, kurzfristig für eine Koalition gebraucht zu werden.

Hinzu kommt: Union und SPD verlieren Wähler – doch die Liberalen profitieren anders als Grüne und AfD kaum davon. Ein Grund dafür: In der aufgeheizten Zuwanderungsdebatte konnte die FDP mit ihren häufig vernünftigen, aber oft viel zu technischen Vorschlägen nicht durchdringen. Die Grünen dagegen warfen sich leidenschaftlich ins Getümmel und sammelten Stimmen.

Er habe keinen Futterneid, sagt Lindner. Wenn die FDP nur zehn Prozent der Menschen überzeuge, sei das okay. Doch das ist so falsch wie die Entscheidung gegen Jamaika. Eine freiheitliche, europafreundliche Partei wie die FDP muss in Zeiten, wo das Rechtskonservative und Nationale boomt, mehr wollen als zehn Prozent. Sie muss als Regierungspartei Einfluss nehmen. Die Schonzeit ist vorbei.