“Statt bloßer Appelle und Rügen aus Brüssel kommt nun ganz direkt die Anweisung an Polen: Lasst das sein!“

Es ist eine schwere Schlappe für Polen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat angeordnet, dass die aufgrund einer umstrittenen Justizreform zwangspensionierten Richter ihre Arbeit fortsetzen dürfen. Das gilt vorerst bis zum Abschluss der Verhandlung vor dem EuGH. So lange darf auch keiner der obersten Richterposten in Polen neu besetzt werden.

Es ist ein wichtiges Signal, das mit dieser einstweiligen Anordnung gesendet wird: Rechtsstaatlichkeit geht vor! Polens Argumentation für die Justizreform, die unter anderem auf nebulösen Formulierungen über eine „nationale Identität“ gründet, ist ohnehin nur der durchsichtige Versuch, die Umbesetzung des obersten Gerichts im Sinne der konservativen PiS-Partei zu bemänteln. Das darf die EU nicht dulden, die unabhängige Justiz als Eckpfeiler des Rechtsstaats darf nicht zur Disposition stehen. Statt bloßer Appelle und Rügen aus Brüssel kommt nun ganz direkt die Anweisung an Polen: Lasst das sein!

Das ist das zweite Signal, das von der Entscheidung ausgeht: Die EU ist handlungsfähig und setzt ihre Interessen durch. Langfristig werden sich die Krisen der Union, für die die Brexit-Misere nur das jüngste Beispiel ist, nur so bekämpfen lassen. Das Mittel dagegen heißt nicht weniger EU, sondern im Gegenteil mehr EU. Das bedeutet den konsequenten Schutz eigener Interessen und Werte, wie in Polen. Es bedeutet aber auch mehr gemeinsame Politik, etwa bei Finanzen und Verteidigung – beides könnte auch die häufige Kritik entkräften, dass niemand eigentlich weiß, was die EU-Institutionen überhaupt so tun.

Sollte die polnische Regierung darüber im Unklaren gewesen sein – jetzt weiß sie Bescheid.